Feuer stellt für Timothy Wilde ein Problem dar, seit seine Eltern bei dem Brand, den sein Bruder unachtsam verursachte, ums leben kamen. Und seit sein halbes Gesicht eine Brandnarbe ist, weswegen er nicht mehr als hübscher Barkeeper arbeiten kann, sondern sich als Polizist in einer relativ neu (nämlich im ersten Band) gegründeten Polizei von New York verdingt.
Ausgerechnet mit Feuer bekommt er es jetzt zu tun. Der Stadtrat, Fabrikbesitzer und ärgster Gegner seines Bruders, Robert Symmes wird schriftlich bedroht und nach und nach gehen seine Gebäude in Flammen auf. Der Verdacht liegt nahe, dass die Frauenrechtlerin Sally Woods die Täterin ist. Wurde sie doch nach einem Streik unschön entlassen und selbst ihre ehemaligen Mitstreiterinnen sind nicht gut auf sie zu sprechen. Außerdem findet sich in ihrer Druckerei ein Teil eines Drohbriefes, wie er dem Stadtrat zugegangen ist. Alles spricht für sie, aber war sie es wirklich? Würde sie wirklich riskieren, die Ärmsten der Armen, ihre ehemaligen Kolleginnen, zu treffen?
Lindsay Faye hat ein schönes Bild von den Zuständen in der New Yorker Arbeiterinnenwelt von 1848 gezeichnet. Die industrielle Revolution brachte schon die ersten Gewinner hervor, aber noch fehlte das Begreifen, dass abhängige Arbeiter – und Arbeiterinnen – auch Verantwortung bedeuten. Sie wurden beinahe ebenso als Freiwild betrachtet, wie vorher Leibeigene betrachtet wurden. Aber sie sind frei, und sie sind bereit, für ihre Rechte zu kämpfen – nur fehlt ihnen meistens nach den langen Arbeitstagen die Kraft und auch das Wissen dazu. All das verstehen wir durch Tim Wildes Augen, diesen akribischen Beobachter und Begreifer, der seiner Zeit damit ein ganzes Stück voraus ist.
Ein ganz großes Verneigen an dieser Stelle vor der Übersetzerin. In dem Buch wird viel Flash gesprochen, die alte New Yorker Gaunersprache. Der Übersetzerin ist es gelungen, das glaubhaft rüberzubringen. Mit viel Mühe hat sie Anleihen an Rotwelsch und andere alte Sprachen benutzt, um die Atmosphäre zu erhalten, anstatt die eigentlich beinah unübersetzbaren Worte im Original stehen zu lassen. Auch wenn mir das Flash in der Häufung eher den Lesefluß gestört hat, muss das eine ziemliche – und ziemlich erfolgreiche – Syssiphus-Arbeit gewesen sein.
Leider scheint es das letzte Buch der Reihe zu sein, was ich sehr bedauerlich finde. Zwar haben sich die über die Bände entwickelten Knoten alle entwirrt, aber Tim wird mir trotzdem fehlen. Ich hoffe es ist nur ein Gerücht, dass die Reihe hiermit zuende ist, aber das Ende war schon sehr final.
Lindsay Faye: Das Feuer der Freiheit.
dtv, Februar 2016.
528 Seiten, Taschenbuch, 15,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.