Wer sich erhofft, Karen Duve lege mit „Macht“ einen Roman ähnlich ihrer erfolgreichen Bücher „Taxi“ oder „Regenroman“ vor, wird herb enttäuscht. Duve ist zur Anklägerin einer Gesellschaft geworden, die kritiklos u. a. Massentierhaltung und Klimawandel akzeptiert. Mit „Macht“ scheint die Autorin ihrer Enttäuschung hierüber Ausdruck verleihen zu wollen. Dabei herausgekommen ist ein satirischer Zukunftsroman, der sich explizit von provokanten Überzeichnungen nährt.
Karen Duve siedelt diesen fiktiven Roman im Jahr 2031 an und beschreibt eine sehr düstere Endzeitstimmung: Die Klimakatastrophe hat den Untergang der Welt eingeläutet. Das Wetter spielt verrückt, die lebenserhaltenden Systeme der Erde fallen nacheinander aus. Für Fleischkonsum können CO²-Kontingente eingetauscht werden. – Doch was tun die Menschen, wenn sie wissen, dass sie nur noch wenige Jahre zu leben haben, bis die Welt untergeht? – Duves Figuren verhalten sich keineswegs vernünftig. Im Gegenteil: Sie schlucken Verjüngungspillen, die zwar Krebs erzeugen, was aber keine Rolle mehr spielt, weil der Untergang sowieso kommt.
Die Männer wollen sich nicht weiter dem vorherrschenden Saatsfeminismus unterwerfen und radikalisieren sich in extremistischen, teilweise religiösen oder nationalistischen Gruppen. Ihr Ziel ist es, sich die Frauen wieder untertan zu machen.
Duves Protagonist Sebastian Bürger, ein einstiger Öko-Aktivist, lebt seine Machtfantasien aus, indem er seine Frau Christine, eine ehemalige Ministerin, in einem Kellerverlies gefangen hält. Abgeschottet vor der Restwelt kann er Christine dort nach Belieben vergewaltigen und erniedrigen.
Beim 50jährigen Abiturstreffen gibt es ein Wiedersehen mit seiner alten Liebe Elli und die Gefühle für die ehemalige Mitschülerin flammen wieder auf, was letztlich aber auch im Desaster endet.
Die eingehend geschilderten sehr brutalen, Frauen verachtenden Gewaltszenen sind nichts für zarte Gemüter.
Was mir als Leserin am Ende der Lektüre bleibt?: Ein unschönes Gefühl zwischen Verstimmung und Verstörung.
Karen Duve: Macht.
Galiani-Berlin, Februar 2016.
416 Seiten, Gebundene Ausgabe, 21,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.