Inge Friedl: Was sich bewährt hat

Über ein Jahrzehnt ist Inge Friedl immer wieder durch ganz Österreich unterwegs, um Zeitzeugen nach dem Leben „früher“ zu befragen. In über 100 Stunden Gesprächszeit schildern dutzende Personen ihre Erlebnisse zu Themen wie „Freizeit“, „Essen“ oder „Müll“. Frau Friedl legt aber keine rührselige Früher-war-alles-besser- Lektüre vor. Ganz im Gegenteil. Das Zusammenleben in großen Hausverbänden und das „Auskommen-Müssen“ mit bescheidenen Ressourcen wird eindringlich geschildert. Da gab es viele Reibungspunkte und zahlreiche Entbehrungen. Dennoch berichten die meisten Interviewpartner davon, eine „schöne Zeit“ erlebt zu haben und „glücklich“ gewesen zu sein. Kapitel wie „Zufriedenheit genießen. Der erste Schritt zur Gelassenheit“, „Das ganze Tier essen. Wer Steak sagt, muss auch Leber sagen“ oder „Aus wenig viel machen. Die Kunst der Reparatur“ geben interessante Einblicke in den Alltag unserer Groß- und Urgroßeltern, beschäftigen sich aber gleichzeitig mit heute brandaktuellen Themen.

In diesem Buch gibt es keine Höhepunkte und keine To-Do-Listen, die erklären, wie man das Leben richtig anpackt. Ruhig erzählt Frau Friedl vor sich hin. Man folgt ihr trotzdem gebannt und denkt: „Ja, das stimmt. Das sehe ich auch so, das wäre der richtige Weg.“ Obwohl „Was sich bewährt hat“ von den 1950- er, den 1960- er Jahren und gelegentlich von der Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg erzählt, liegt es absolut am Puls der Zeit. Es zeigt leise und unaufdringlich einen Weg auf, wie wir die Probleme, mit denen wir heute konfrontiert sind, meistern können. Jeder kann gegen Ressourcenverschwendung, gegen zwischenmenschliche Kälte usw. etwas unternehmen. Ein Buch, das auch ein Stück die Augen öffnet. Es lässt den Leser dankbar auf all das schauen, was wir haben.

Inge Friedl: Was sich bewährt hat: Die einfachen Dinge im Leben schätzen lernen.
Styria Verlag, September 2022.
176 Seiten, Gebundene Ausgabe, 25,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.

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