Elodie Harper: Die Wölfe von Pompeji

Ganz ehrlich, in dieses Buch bin ich nur schwer reingekommen. Als ich nach 50 oder 100 Seiten aber drin war, konnte ich es kaum noch weglegen.

Amara ist eine Sklavin, sie gehört Felix, den man wohl am besten als Zuhälter tituliert. Ihm gehört die Wolfshöhle, eines der vielen Bordelle in Pompeji, wir schreiben das Jahr 74 v.C. Amara war nicht immer eine Sklavin, einst war sie eine Arzttochter in Griechenland, deren Vater sie in seine Arbeit einbezog und sogar unterrichtete, sie kann lesen, schreiben, rechnen und denken. Nach dem Tod des Vaters begann der Abstieg der Familie, am Ende hat ihre Mutter sie einfach verkauft. Zwar nicht direkt an Felix, sondern an einen alten „Freund“ der Familie, aber der hat sie dann einfach weiterverkauft und so wurde sie zur Hure.

Der Roman beschreibt ihr Leben und ihre Suche nach Freiheit, denn die möchte sie unbedingt wieder erlangen. Dafür opfert sie viel. Amara ist umgeben von den unterschiedlichsten Menschen und das ist die eigentliche Stärke des Buches. Denn jede andere Hure, jeder Freier, der auftaucht und jeder, dem sie auf den Partys begegnet, ist einzigartig und hat einen hohen Wiedererkennungswert. Die Huren der Wolfshöhle sind nicht einfach nur Beiwerk, sondern sie sind Freundinnen, Gegnerinnen, Konkurrentinnen und jede ist einzigartig. Erzählt wird konsequent aus Amaras Sicht, was auf der einen Seite gut ist, auf der anderen Seite hätte ich gerne manchmal gewusst, was der Lampenmachersklave wirkliche denkt, wir bekommen nur mit, was Amara glaubt, was er denkt. Aber dadurch bekommen wir natürlich einen guten Einblick in das Alltagsleben und was es ausmacht, ein Sklave zu sein. Null Rechte, kaum Schutz, völlige Abhängigkeit. Sie stehlen sich kleine Auszeiten im Alltag, immer wissend, dass das jederzeit enden kann.

Amara findet einen Weg, eigentlich findet sie sogar mehrere, die ihr die Hoffnung geben, eines Tages wieder frei zu sein. Was mir in diesem Roman ein wenig fehlte, war mit Amara mitfühlen zu können. Sie ist nicht das eiskalte Miststück, als dass sie manche in ihrer Umgebung sehen. Ab und an blitzt das in ihren Gedanken auch durch, aber nicht genug, um ihr emotional wirklich zu folgen. Sie ist pragmatisch, auch berechnend, aber nicht gefühllos. Sie ist halt „nur eine Sklavin“.

Drei Dinge haben mir besonders gut gefallen. Zum einen, dass die zum Teil wirklich brutalen Sexszenen nie mehr als nur angedeutet werden, die Folgen werden beschrieben (blaue Flecke zum Beispiel), aber Elodie Harper blendet uns immer rechtzeitig weg. Dann fand ich Felix toll und würde mir im nächsten Band wünschen, dass er noch vorkommt und wir mehr über sein Innenleben erfahren. Anscheinend ist er nämlich nicht der tumbe Zuhälter, als der er eingeführt wird. Das dritte ist, das jedem Kapitel ein Spruch vorangestellt ist, entweder was von Plinius dem Älteren, den wir auch kennenlernen und von dem wir wissen, dass er 5 Jahre später den Untergang der Stadt dokumentieren wird, oder Inschriften, die auf den Mauern von Pompeji erhalten geblieben sind und der Nachwelt die Gedanken der Menschen übermitteln können.

Was ich nicht verstanden habe, ist der Titel. Müsste es nicht „Wölfinnen“ heißen? Ist das eine Anspielung auf die Entstehungsgeschichte Roms, die mir entgangen ist? Ich weiß es nicht.

Fazit: Schwieriger Einstieg, aber dann lohnt es sich. Ich freue mich auf den zweiten Band.

Elodie Harper: Die Wölfe von Pompeji
Aus dem Englischen übersetzt von Martina Schwarz,
Piper, Juni 2023
469 Seiten, Taschenbuch, 20 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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Ein Kommentar zu “Elodie Harper: Die Wölfe von Pompeji

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