Ella Carla Delorias Roman „Waterlily“, der Ende 2020 im Palisanderverlag erschienen ist, ist etwas Besonderes – geschrieben von einer waschechten Dakota Indianerin (aus dem Englischen übersetzt von Frank Elstner und Uta Millner) ermöglicht er tiefe Einblicke in das Leben des so andersartigen Volkes. Heute, knapp 50 Jahre nach Delorias Tod, erscheint uns ihr Leben nicht weniger erstaunlich als damals, als die Indianer nicht als gleichgesinnt betrachtet wurden. Ihr Tod zu hunderttausenden vom weißen Mann herbeigeführt, ihre Lebensweisheiten wie Traditionen beinahe vergessen. Und heute? Nun, irgendwo existieren die letzten Nachfahren, die letzten BehüterInnen der alten Bräuche, die der Sonnentänze und Zeremonien gedenken und das große Geheimnis in Ehren halten. Hierzulande sind wir aufgewachsen mit dem Bild dunkelhaariger Männer und Frauen auf gecheckten Pferden, Pfeil und Bogen in der Hand, Kriegsbemalungen im Gesicht und Federn in den Zöpfen. Ein bisschen Märchen, ein bisschen Legende, abenteuerlich genau wie Ritter oder Dinosaurier. Weit entfernt und längst vergangen und außerhalb unserer Vorstellungskraft. Darin liegt mit Sicherheit die Magie der Indianer. Doch ist das alles, was sie hinterlassen haben? Karnevalsverkleidungen, Tipis, ein Kampgeschrei im Kindergarten?
Der vorliegende Roman zeigt, dass da noch mehr ist. Dass dieses ferne Volk, dessen Existenz beinahe vernichtet wurde, die Erde geehrt und beschützt hat, dankbar und bescheiden war und nie zu viel genommen hat. Ein Volk, das vielleicht das Ideal des Menschen darstellt, indem es keinen Geiz kennt, sondern Güte, keine Angst, sondern Mut, keine Unterdrückung, sondern Gleichberechtigung. Und den Wunsch nach Frieden. Wer dieses Buch liest, wird lernen, wird schlauer und nachdenklich werden, wird sich zwangsläufig fragen, ob die Art der Dakota, mit ihrem Lebensraum umzugehen, nicht die einzige Art ist, die es geben sollte. Wer diesen Roman liest, wird feststellen, wie wenig er oder sie über die indigenen Völker Amerikas weiß und ihnen zwischen den Zeilen zuhören können. „Sei gastfreundlich; sei freigebig. Nichts ist zu gut, als dass man es nicht verschenken könnte.“, lehren die Weisen der Dakota ihre Kinder und Kindeskinder und so handhabt es auch dieses Buch. Es beschenkt mit seiner Weisheit und lässt den Blick der Unerfahrenen über Tipis und Federn hinauswandern hin zu fernen Welten, die besser daran täten, nicht beinahe ausgestorben zu sein.
Was ich an diesem Roman schätze, ist somit deutlich geworden und es überwiegt meine Kritik. Doch trotzdem ich das Thema unendlich spannend finde, habe ich lange gebraucht, um den Roman zu vollenden. Er hat – und vielleicht ist das die einzige Möglichkeit, von dieser Kultur zu erzählen – wenig Magisches an sich. Nichts, das mich packt und festhält. Die Figuren gehen mir nicht nahe, die Handlung ist ein langer Strom aus Ereignissen und die Sprache ist effizient, aber schmucklos.
Dennoch möchte ich das Buch empfehlen und hoffe, es hiermit getan zu haben. Bücher wie diese braucht es, Bücher, die ihre LeserInnen über den Tellerrand schauen und hinter den üblichen Klischees das Wesentliche entdecken lassen.
Ella Carla Deloria: Waterlily.
Aus dem Englischen übersetzt von Frank Elstner und Uta Millner.
Palisander Verlag, Dezember 2020.
376 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Jana Luisa Aufderheide.