Daniel Kehlmann: Lichtspiel

Eine gelungene Mischung aus Fiktion und wahren Begebenheiten ist der neue Roman „Lichtspiel“ des deutschen Erfolgsautors Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“). Es geht dabei um den österreichischen Filmregisseur G.W. Pabst (1885-1967), der neben Lang, Lubitsch und Murnau zu den Größten seiner Zeit gehörte. Er gilt als derjenige, der mit seinem Film „Die freudlose Gasse“ (1925) die große Greta Garbo berühmt gemacht hat.

Kehlmanns Roman taucht tief ein in die Kinogeschichte, und Filmenthusiasten dürften ihre helle Freude an den genau recherchierten Begebenheiten bei den Dreharbeiten haben – zum Beispiel wie Pabst gemeinsam mit der berühmt-berüchtigten und als wenig sympathisch beschriebenen Nazi-Kollaborateurin Leni Riefenstahl in eisiger Kälte „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ drehte oder später – ebenfalls mit Riefenstahl – an den Dreharbeiten zu ihrem Film „Tiefland“ im bayrischen Krün beteiligt war.

Natürlich spielt der Nationalsozialismus eine große Rolle. Pabst befand sich nach längeren Aufenthalten in Frankreich und den USA zufällig gerade wieder in Österreich, der damaligen „Ostmark“, als der Krieg ausbrach und ihm die Ausreise verwehrt blieb. Notgedrungen, so jedenfalls wird es im Buch dargestellt, lässt er sich auf Drängen von Goebbels auf eine Fortführung seiner Arbeit auch unter den Nazis ein. Einige seiner wichtigsten Arbeiten entstanden in dieser Zeit („Paracelsus“).

Kehlmann lässt es bewusst offen, inwieweit Pabst sich auch selbst schuldig gemacht hat. So deutet er an, dass für den Film „Der Fall Molander“, der kurz vor Kriegsende entstand und letztlich unvollendet blieb, womöglich Zwangsarbeiter oder sogar KZ-Insassen als Statisten genutzt wurden. Die Episode um diesen Film ist besonders spannend.

Letztlich ist der Roman ein gutes Beispiel dafür, wie man mittels Literatur Historisches spannend, packend und äußerst kurzweilig darstellen kann.

Daniel Kehlmann: Lichtspiel
Rowohlt, Oktober 2023
480 Seiten, gebundene Ausgabe, 26 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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