England in den 30er Jahren: In dem Dörfchen Silverstream sucht Barbara Buncle, eine unscheinbare Dame Anfang vierzig, nach Möglichkeiten, ihr bescheidenes Einkommen aufzubessern. Schließlich hat sie eine Idee: Sie wird ein Buch schreiben, und zwar, da Phantasie ist nicht ihre Stärke ist, über etwas, das sie kennt. Nämlich ihr eigenes Dorf und dessen Einwohner. Der Roman, publiziert unter dem Pseudonym John Smith, wird ein Bestseller. Doch die Sache hat einen Haken, denn die Schilderungen sind so authentisch, dass sich die Bewohner von Silverstream prompt in ihnen wiedererkennen … worüber nicht alle glücklich sind. Schon bald dreht sich alles nur noch um die Identität von John Smith.
„Stich ins Wespennest“ ist ein kurzweiliges Buch für all die Leser, die es sich mit einem guten Buch und einer heißen Tasse Tee in ihrem Lesesessel gemütlich machen wollen, um – wenigstens für ein paar Stunden – der Hektik des Alltags zu entfliehen. D. E. Stevenson schafft es meisterlich, ein ganzes Dorf vor unserem geistigen Auge entstehen zu lassen (ein Personenregister gibt es übrigens zur besseren Orientierung am Ende des Buches). So begegnen wir unter anderem dem lesbischen (!) Pärchen Miss King und Miss Pretty, dem pensionierten Colonel Weatherhead, Mrs. Greensleeves (Witwe), die es sich zum Hauptziel gesetzt hat, einen reichen Mann zu heiraten oder auch Mrs. Featherstone Hogg, der tonangebenden Lady Silverstreams, die alles daran setzt, John Smiths das Handwerk zu legen. Das Buch ist bereits 1934 zum ersten Mal erschienen, wirkt jedoch keineswegs antiquiert. Im Gegenteil: Es lebt von seinen herrlichen Figuren und den witzigen Dialogen. Mein Lesetipp für trübe Herbsttage!
D.E. (Dorothy Emily) Stevenson wurde 1892 in Edinburgh geboren. Sie stammte aus einer berühmten Familie von Leuchtturmbesitzern, zu der auch Robert Louis Stevenson zählte – der Autor der „Schatzinsel“ war ein Cousin ihres Vaters. 1916 heiratete D.E. Stevenson und bekam später mit ihrem Mann zwei Kinder. 1923 erschien ihr erster Roman. „Stich ins Wespennest“ wurde 1934 veröffentlicht, und von nun an schrieb Stevenson jedes Jahr einen Roman. „Meine Bücher sind meine Leuchttürme“, pflegte sie zu sagen. In Großbritannien und den USA erreichten ihre Romane Millionenauflagen. D.E. Stevenson starb 1973 in Moffat, Schottland.
D.E. Stevenson: Stich ins Wespennest (1934).
Goldmann, August 2013.
352 Seiten, Taschenbuch, 8,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Nadine Roggow.