Chris Inken Soppa: Der große Muntprat

Lütfrid Muntprat wurde 1383 in Konstanz geboren und nach seinem Vater, einem reichen Kaufmann, benannt. Er starb 1447 in seiner Heimatstadt. Zwischen diesen beiden Daten lag ein ereignisreiches Leben voller Gefahren, Reisen und erfolgreichem Handel. Lütfrid der II., auch genannt der große Muntprat, erwarb sich den Ruf eines freidenkenden Mannes, der zum reichsten Kaufmann in Süddeutschland wurde.

Seine Geschichte ist eine der Willenskraft, der Klugheit, aber auch des Glücks.

„… Zu vielem hatte man ihn im Leben gemacht, zum Kaufmann, zum Vater, zum Ehegenossen. Zum Ratsherrn, Gesandten des Königs, zum Bürgermeister und Vogt.“ (S. 491)

Mit enormen Fleiß und Akribie ist der Autorin Chris Inken Soppa ein wunderbarer biografischer Roman gelungen, der spannungsreich, informativ und wendungsreich den Leser in die Vergangenheit entführt, in der sich das Überleben, mehr als nur schwierig erweist. Ein starres Kastensystem durch die Zünfte und den handeltreibenden Städten sowie unfaire Steuern belasten nicht nur die Kaufleute. Auch die Weber werden gezwungen, so wenig Leinen zu weben, so dass sie kaum von dem Erlös leben können. Die künstliche Verknappung verhilft dagegen den Kaufleuten zu Reichtum. Ein Leben im Mangel findet ebenfalls bei den Bauern und Dienstboten statt, die ihren Herren völlig ausgeliefert sind. Das falsche Wort im falschen Moment, eine Flucht vor Hunger und Unterdrückung werden so hart bestraft, dass Nachahmer ihren Mut verlieren.

Lütfrid fällt bereits als Junge auf. Denn er kann seine klugen Gedanken weder für sich behalten noch seine Kritik gegenüber Älteren. Darüber hinaus erlaubt er sich freie Entscheidungen, die sein älterer Bruder, Handelsgenossen, Zünfte und viele andere verärgern.

Unzählige Schicksalsschläge in seinem direkten Umfeld, auch die der Frauen, zeigen eine von Vorurteilen, Missgunst und Hass geprägte Zeit. In dieser Hinsicht hat sich bis heute nicht viel geändert. Nur die Methoden sind moderner. Noch immer schreiben die Superreichen Gesetze und Bedingungen vor.

Der Leser darf sich auf ein pures Lesevergnügen freuen.

Viel zu schnell ist die letzte Zeile erreicht, und man fragt sich, ob die Befürchtungen des altgewordenen Lütfrids wahr geworden sind. „… Würden seine Söhne das Lilienwappen veredeln, indem sie sich zu Rittern schlagen ließen? Als Kauffahrer würden sie kaum in Kostenz bleiben, allzu sehr hatte sich das Leinwandgeschäft in andere Städte verlagert.“ (S. 491)  

Chris Inken Soppa: Der große Muntprat.
Südverlag, März 2020.
544 Seiten, Gebundene Ausgabe, 24,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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