Robert McCammon: Matthew Corbett und die Hexe von Fount Royal

Carolina, Neue Welt im Jahr des Herren 1699. Die Kolonie, die südlich an das von Spanien beherrschte Florida grenzt hat es schwer, Siedler anzuziehen. Das Klima ist ungesund, die weit verbreiteten Sümpfe, die Moskitos und die ständigen Unwetter machen das Siedeln wie die Bestellung des Bodens zur Qual. Dennoch hat Bidwell genau dort, in einem Landstrich von dem er annimmt, dass er aufgrund seiner Lage eines Tages zum Dreh- und Angelpunkt des Handels mit der Karibik wird seine Stadt gebaut.

Fount Royal aber wird heimgesucht. Nicht von der Beulenpest, eine Hexe soll dort ihr Unwesen treiben. Mehrfach haben die Bewohner schon einen Richter angefordert, der über die Verdächtige zu Gericht sitzen soll. Einig sind sie sich fast alle – Rachel Howarth die portugiesisch-stämmige Witwe mit dem dunklen Teint und dem verführerischen Körper soll zuerst den anglistischen Pfarrer, dann ihren eigenen Gatten umgebracht haben, bevor sie mit dem Teufel selbst Unzucht getrieben hat. Seitdem brennen verlassene Gebäude und wüten Infektionen. Immer mehr der Siedler verlasen die junge Stadt, eine Entwicklung, die so sie nicht gestoppt wird, alle hochfliegenden Pläne Bidwells in sich zusammenstürzen lassen wird.

Richter Woodward und sein Mündel und Gerichtsschreiber Matthew Corbett sollen eigentlich nur die Schuld der im Gefängnis festgesetzten Hexe beurkunden, der Scheiterhaufen ist bereits vorbereitet. Doch Matthew ist ein zwar schmächtiger, aber sehr wissbegieriger und investigativer Mensch. Schnell fallen ihm Ungereimtheiten auf. Als der Richter schwer erkrankt ist es an ihm, die Ermittlungen, allen Widerständen zum Trotz, voranzutreiben …

Seit Jahren versuchen Fans der Reihe um die phantastisch-abenteuerlichen Ermittlungen Matthew Corbetts einen deutschen Verlag für die Romane zu begeistern. Schlussendlich ist es dann gelungen, beim Luzifer Verlag offene Türen einzutreten. Die historische Thriller-Reihe wurde eingekauft, die Romane in die Übersetzung geben. In halbjährigem Abstand sollen die bislang sechs Bände – das Manuskript des siebten Teiles ist bereits fertig – dann bei Luzifer erscheinen.

Nachdem ausschließlich und ausgerechnet der erste Roman überaus umfangreich ausfiel, war ich gespannt, wie der Verlag das Problem lösen würde. Eine durchaus mögliche Straffung, sprich Kürzung, gerade des doch sehr ausführlichen Mittelteils wäre eine Option gewesen, oder das Buch auf zwei Teile aufzusplitten. Der Verlag entschloss sich, ganz im Sinne der Leser, für die zweite Variante. Demzufolge muss sich der Leser bis Oktober gedulden, bis er das Ende der Suche nach der Wahrheit rund um die Ereignisse in Fount Royal auf Deutsch nachlesen kann.

Beginnen wir mit dem Äußeren. Ein wunderbar stimmiges Cover das von Michael Schubert gestaltet wurde, stimmt den Leser auf die schwül-belastende Atmosphäre in und um Fount Royal ein. Der Verlag hat es sich nicht nehmen lassen, dem Buch eine gediegene Hardcoverausgabe angedeihen zu lassen. Mit Lesebändchen und sorgfältiger Bindung liegt das handwerklich sicherlich hochwertigste Buch des bisherigen Verlagsprogramms vor. Das weist darauf hin, dass man bei Luzifer die Qualität der Reihe und ihr Potential wahrgenommen hat. Erste Rückmeldungen aus dem Buchhandel lassen darauf schließen, dass auch die Leser den Weg zum Buch finden.

Robert McCammon war Ende der 80er Jahren einer der prägendsten Autoren der Knaur Horror-Reihe. Nach Einstellung der Edition wurde es bei uns still um den Autor. Erst als Festa mit Swan Song (dt. Nach dem Ende der Welt / Das scharlachrote Auge) und Wolf´s Hour (dt. Die Verwandlung / Berserker) zwei der besten Horror-Romane McCammons auf Deutsch veröffentlichte rückte der sympathische Autor wieder mehr ins Rampenlicht.

Vorliegend legt er einen Roman vor, der eine ganz eigene Mischung präsentiert. Historisch sehr genau recherchiert vermitteln die Beschreibungen ein realistisches Bild des Lebens in den Kolonien zum Ende des 17. Jahrhunderts. Dazu gesellt sich die spannend aufgezogene Suche nach dem Täter, der Versuch zwischen Phantasie und Realität zu unterscheiden und einem Plot in den immer wieder rätselhafte, vielleicht gar übernatürliche Vorkommnisse eingreifen.

Neben der abwechslungsreichen Handlung wissen hier insbesondere die Figuren zu überzeugen. Mit leichter Feder porträtiert der Autor seine Gestalten – seines es die beiden Ermittler, sprich der Richter und sein Schreiber, die Honoratioren der kleinen Stadt, die Sklaven, der intrigante Wanderprediger und die einfachen Bauern. Dass sie alle ihre wohl gehüteten Geheimnisse haben, dass hinter der Fassade immer weit mehr lauert und versteckt ist, als zunächst angenommen, macht die Lektüre interessant und intensiv. Immer wieder offenbaren Figuren gewollt oder unerwartet und gegen ihren Willen Abgründe der psychischen Art, wird ihre jeweilige Motivation, ihre Historie und damit ihr Wesen glaubhaft aufgebaut. Hier erwarten einmal keine Stereotypen auf den Leser, auch wenn es zu Beginn genau so aussieht. Man meint die Figuren zu kennen, zu wissen, wie die Handlung ablaufen will – nur um sich dann erstaunt die Augen zu reiben, weil alles ganz anders kommt, als erwartet. Gerade dieses Spiel mit der Erwartungshaltung des Lesers fügt dem Plot zusätzlichen Reiz zu.

So wartet ein rasantes, packendes und interessantes Lesevergnügen auf den Rezipienten, das ihn am Ende des ersten teils nägelkauend zurücklässt bis im Oktober der zweite Teil erscheinen wird.

Robert McCammon: Matthew Corbett und die Hexe von Fount Royal.
Luzifer-Verlag, März 2017.
516 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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