Patricia Highsmith: Carol: oder Salz und sein Preis (1952)

carol»… ,dass Sie so etwas einfach tun können. Sie sind frei. Ist Ihnen das eigentlich klar?« (S. 95)
Dies stellt Carol überrascht fest, als sie die junge Therese näher kennen lernt. Sie lebt dagegen ein unfreies Leben. Gerade versucht sie sich von ihrem Mann zu trennen. Die Scheidung droht zu einem Krieg zu werden, bei dem Schaden anrichten an erster Stelle ihres Noch-Ehemanns steht. Eine seiner Waffen ist es, die Tochter fortzubringen und gleichzeitig das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Die andere findet Therese erst allmählich heraus. Genauso allmählich nähert sie sich der schönen und erfahrenen Frau an, die ihre Freundin und Bezugsperson wird. Sie entwickelt für Carol starke Gefühle.
Ihren Freund Richard fragt sie, ob Männer Männer und Frauen Frauen lieben können. Er habe davon gehört, ist seine neutrale Antwort. Doch dann entwickelt sich ihrer beider Leben alles andere als neutral.
Patricia Highsmith veröffentlichte ihren zweiten Roman »Carol oder Salz und sein Preis« 1949. Ihr Verlag, der ihren Debütroman »Zwei Fremde im Zug« veröffentlicht hatte, lehnte das Manuskript »natürlich« ab. Daran konnte auch die Verfilmung ihres ersten Romans durch Hitchcock nichts ändern.
Bei einem anderen Verlag erschien »Carol« unter Pseudonym. Doch erst die Zweitveröffentlichung sorgte für die Anerkennung, die der Roman verdiente. Denn zum ersten Mal gab es in der Literatur eine positive Auseinandersetzung mit Homosexualität, in der Verurteilung, Haft, Depression oder Selbstmord nicht im Fokus stehen. Wie vor siebzig Jahren die Mehrheit über gleichgeschlechtliche Liebe geredet hat, lässt Highsmith in Richards Abschiedsbrief auf Geschäftspapier an Therese schreiben: »… Was mich so anwidert, das ist Dein Festhalten an dieser Frau auf Kosten aller anderen Beziehungen, dieses Verhältnis, das allmählich ungesunde und krankhafte Züge angenommen haben muss …« (S. 343).
»… Was soll ich den Leuten sagen? Ich werde ihnen die Wahrheit sagen. Nur so kann ich mich selbst befreien. … Und ich spüre, daß ich mit Dir nichts mehr zu tun haben will. Aber was ich da sage, ist vernünftig …« (S. 344).
Heute wie damals zeigt sich immer wieder, Liebe hat nichts mit Vernunft zu tun. In wieweit ein Mensch seine Liebe leben darf, hängt letztendlich vom Mut der Beteiligten ab.

Patricia Highsmith: Carol: oder Salz und sein Preis (1952).
Diogenes, Mai 2015.
464 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.