Walker Dryden: Die Stadt der Dolche

Willkommen in der Küstenstadt Tumanbay, der Heimat unseres Sultans, der Stadt, in der Reichtümer gemacht, Handel getrieben wird und ein jeder Sklave die Möglichkeit hat, zu Rang und Würden aufzusteigen. Aus allen Herren Ländern reisen Menschen hierher, versuchen ihr Glück zu machen, ihren Einfluss zu mehren und zu Macht und Ehren zu gelangen.

Dass unser geehrter Sultan schon älter ist, dass er die Provinzen mit nachgiebiger Hand regiert, hat dazu geführt, dass so mancher meint, er sei  schwach geworden. Dem ist beileibe nicht so, eher ginge ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass unser Sultan sein Reich verlieren würde. So zumindest dachte ich noch vor kurzem. Dann aber färbte sich das Wasser im Brunnen vor dem Al-Dar-Tor rot, dem Sultan wurde ein Präsent überbracht, das mich zum Nachdenken brachte. Der Sack, den der Gesandte Rot überbrachte, enthielt den Kopf des Gouverneurs der Provinz und die Botschaft der Königin Maya – eine Revolution bahnt sich an, ein Aufstand, der aller Machtfülle und allem Reichtum zum Trotz, auch die Metropole ergreifen, ja vernichten könnte …

Willkommen in einer orientalischen anmutenden Kulisse. Der Plot selbst berichtet uns aus Sicht verschiedener Einwohner der Stadt die Geschehnisse. Wir begleiten diese Menschen – soweit sie am Leben bleiben, naturgemäß länger – erfahren von diesen quasi aus dem tagtäglichen Leben von den Vorgängen in der Stadt, den Intrigen und den Angriffen, die den Mächtigen drohen. Der Verlag tituliert die Saga durchaus treffend als „Game of Thrones mit einem Hauch Aladin“.

Ursprünglich von den beiden Verfassern Mike Walker und John Scott Dryden für einen BBC-Podcast entworfen, veranlasste der große Erfolg des Podcasts die beiden dazu, ihre Schöpfung den Interessierten auch in textlicher Form anzubieten.

Wir verfolgen die Handlung aus mehreren Sichtebenen. Geschickt nutzen die Verfasser dies dazu, uns ihren Handlungsort aus unterschiedlichsten Perspektiven vorzustellen. Dies hat zur Folge, dass das Tempo zu Beginn des Romans eher bedächtig ist, dass wir die Figuren, ihre Umgebung erst nach und nach kennenlernen. Gleichzeitig nutzen die Autoren diese Methode um sukzessive immer weitere Geheimnisse und Figuren in ihre Handlung einzubauen, uns vom Leben, weit mehr aber noch vom Leiden der Protagonisten zu berichten.

All diese rücken nach und nach ins Rampenlicht, werden uns vorgestellt, mit einer glaubhaften Historie versehen und agieren dann im Rahmen dieser Parameter in sich glaubwürdig. Dass sich dabei kein wirklicher Sympathieträger herauskristallisiert, ergibt sich aus dem erzählerischen Ansatz der Reihe, die, ganz dem wirklichen Leben folgend, vom Versuch der Figuren ihr Glück zu machen, berichtet. Dass dies nur zu oft bedeutet, dass dieses Glück nur zu Lasten anderer erreicht werden kann, verleiht dem Roman eine Authentizität, die selten ist. Hier kommt natürlich mit zum Tragen, dass insbesondere Mike Walker für die BBC Serien über berühmte und mächtige Familien, wie die Romanovs, Stuarts oder Plantagnets geschrieben und hierzu recherchiert hat. Die Ablauf der Machtergreifung, der Machtsicherung und letztlich des Machtverlusts sind ihm bestens bekannt und dienen als Vorbild und Inspiration.

So ist dies ein Auftakt, der die Rezipientin bzw. den Leser mit einer sehr wirklichkeitsnahen Darstellung des Lebens und Machtstrebens von Menschen in seinen Bann zieht, der immer neue Figuren in den Fokus nimmt und den Glanz des Orients beschwört.

Walker Dryden: Die Stadt der Dolche.
Aus dem Englischen übersetzt von Urban Hofstetter.
Blanvalet, April 2022.
640 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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