Ursel Braun porträtiert in „Unangepasst“ eine Reihe großer Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und legt das Hauptaugenmerk auf ihre Garderobe. Durch Kleidung kann man den Fokus der Gesellschaft auf sich richten, man kann damit provozieren oder sich darin verstecken. Josephine Baker, die bis zu ihrem achten Lebensjahr keine Schuhe besitzt, erlangt Bekanntheit, weil sie in jungen Jahren bei ihren Auftritten kaum etwas trägt und sich später umwerfend elegant kleidet.
Die Modejournalistin Helen Hessel fällt durch ihren androgynen Look auf, die Malerin Georgia O´Keeffe zieht sich in ihre minimalistischen schwarzen Textilien zurück. Einige der Damen designen oder nähen ihre Garderobe selbst, andere greifen Trachten, Farben, Styles indigener Völker auf und Louise Nevelson durchwühlt förmlich die Flohmärkte New Yorks, um extravagante Fundstücke kreuz und quer und kunterbunt zu eigenwilligsten Kreationen zu kombinieren.
Jede Lebensgeschichte fesselt. Jede dieser interessanten Frauen kämpft auf ihre Weise. Sie kämpfen um Anerkennung, um Sichtbarkeit, gegen das Establishment, gegen Vorurteile, gegen Einschränkungen aller Art und um die Lebensgrundlage. Einige können nur in der Kunst Fuß fassen, weil ihre Gönner, immer viel ältere Männer, sie unterstützen. Oft heiraten sie ihre Mäzene und bleiben doch zu ihnen auf Distanz. Vieles teilen diese Künstlerinnen ihrer Umgebung nonverbal mit – durch ihre Kleidung.
Fazit: Ein ungemein spannendes Buch, das sieben Lebensgeschichten pointiert auf den Punkt bringt und ein Zeitfenster in ein anderes Jahrhundert öffnet.
Ursel Braun: Unangepasst. Künstlerinnen und ihre Kleider.
Ebersbach und Simon, März 2023.
140 Seiten, Hardcover, 20,60€.
Diese Rezension wurde verfasst von Karina Luger.
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