Tim Parks ist den meisten von uns als Autor erfolgreicher Bücher wie „Stille“, der Duckworth-Trilogie und vielen weiteren bekannt. Außerdem ist er Übersetzer, Kritiker und lehrt an der Universitá IULM in Mailand literarische Übersetzung.
Wer also, wenn nicht er, der mit der Literaturwelt bestens vertraut ist, könnte ein Buch über Bücher schreiben? Parks unterteilt seine so kritischen wie amüsanten Betrachtungen über den Literaturbetrieb in vier Bereiche:
Teil 1 befasst sich mit der Welt des Buches. Hier erläutert der Autor unter anderem, ob wir Geschichten brauchen, ob Bücher etwas verändern können oder ob man Bücher zu Ende lesen soll.
In Teil 2 dreht sich alles um das Buch in der Welt. „Was stimmt nicht mit dem Nobelpreis“, „Schreiben zwischen den Welten“ oder „Literatur und Bürokratie“ sind nur einige der hier behandelten Themen.
Teil 3 erörtert die Welt des Schriftstellers und Parks führt zum Beispiel darin aus, wie sich der Job des Schriftstellers definiert.
Den vierten und letzten Teil seines Buches hat Parks mit „Schreiben um die Welt“ betitelt. Hier lässt er unter anderem seine eigenen Erfahrungen als Übersetzer einfließen.
Vor allem die Ausführungen, wie Schriftsteller in ihrem Schreibstil und der Thematik durch Lebensumstände, direkte Bezugspersonen und Umfeld beeinflusst werden, verblüffen. Ebenso aufschlussreich und interessant lesen sich unter anderem Tim Parks‘ Überlegungen, warum wir häufig unterschiedlicher Meinung sind über die Bücher, die wir gelesen haben.
Laut Parks stellen Geschichten den natürlichen Pluralismus unserer Vorstellungskraft dar. Weiter schreibt er, dass Menschen dazu neigen, Geschichten zu benutzen, um ihren Glauben zu untermauern. Der Roman befördere die Idee eines Ichs, das sich mit der Zeit entwickele. Belletristik werde in unterschiedlichen nationalen Gemeinschaften unterschiedlich erfahren. Der politisch engagierte Gesellschaftsroman werde in der angelsächsischen Welt fortgeführt, verschwände aber in vielen europäischen Ländern, weil man heute weniger über die eigene Gesellschaft lesen möchte. Ein Buch werde weltweit umso mehr gekauft, je mehr es über seinen lokalen Kontext hinausgehe, resümiert Parks.
Bücher können prägen und unterschiedliche Wahrnehmungen aufzeigen.
„Es scheint in der Literatur eine Spannung, oder vielleicht auch ein notwendiges Gleichgewicht, zwischen Ablenkung und Realismus zu bestehen, zwischen dem Wunsch, etwas Ernstes über die Wirklichkeit zu lesen – um das Gefühl zu haben, die Zeit nicht zu verschwenden, sondern sich auf intelligente Art mit der Welt zu beschäftigen -, und dem gleichzeitigen Wunsch, den Einschränkungen seines unmittelbaren Umfeldes zu entkommen, sich ins Reich der Fantasie zu begeben und vielleicht von fernen Ländern zu träumen.“
Parks‘ Erläuterungen sind so einleuchtend wie überraschend.
Dieses Buch eignet sich für Leser, die mehr über die Welt der Bücher und wie wir lesen erfahren möchten.
Tim Parks: Worüber wir sprechen, wenn wir über Bücher sprechen.
Verlag Antje Kunstmann, August 2016.
240 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.
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