Was hat das London des Jahres 1851 mit dem des Jahres 2014 zu tun. Nicht wirklich viel, werden Sie denken. Natürlich, einige Bauten haben die Zeit überdauert, die Themse gibt es auch noch, aber sonst sind direkte Bezüge, zumal zwischen Menschen aus dem Jetzt und ihren Vettern aus der Vergangenheit kaum möglich.
Wie falsch Sie doch liegen!
Christopher hat einen Traum – er will Schauspieler werden und eines Tages auch den Bühnen Londons Shakespears Werke einem verzückten Publikum vortragen. Seitdem er in die Metropole an der Themse gekommen ist, verfolgt er sein Ziel und hat Glück gehabt, dass ihn ein Buchhändler unter seine Fittiche nimmt. Als Bote verdient er sich ein Zubrot, mit dem er seinen Schauspielunterricht bezahlt. Dabei kennt er die Winkel und Gassen der Themsemetropole, wie kaum ein Anderer. Keine Kutsche ist so schnell wie er, wenn es darum geht, eine Lieferung zuzustellen. Dass ihn dabei so manches Mal Verbrecherbanden und Verzweifelte verfolgen ist er gewöhnt, doch als er ein mysteriöses Päckchen in Thurgoods Buchladen bringen soll, schwant ihm Böses. Ein fast unsichtbarer Schatten verfolgt ihn, ja überholt ihn gar, ohne dass er den Häscher richtig zu Gesicht bekommen würde. Zwar schafft er es, die Buchhandlung zu erreichen und das Päckchen abzuliefern, doch damit fangen die seltsamen, ja magischen Vorkommnisse erst an.
Gut 160 Jahre später findet die 16-jährige Christine das Päckchen als sie einmal wieder das anheimelnde Antiquariat ihres literarischen Mentors besucht unter einer losen Diele. Sie steckt das Päckchen heimlich ein, will es sicherlich nicht stehlen, ist aber zu neugierig, was es enthält. Sie hinterlässt eine kurze Nachricht, öffnet es und findet ein Amulett. Als sie es zurücklegen will, stößt sie auf eine Nachricht aus der Vergangenheit, eine Warnung, die sie vor Gefahren aus den Schatten und dunklen Gestalten warnt. Erst spät akzeptiert sie, dass sie und den Schreiber mehr als ein Jahrhundert trennt. Über die Grenzen der Zeit hinweg verlieben sie beide sich durch und über ihre Briefe. Als sie einen Weg zu entdecken glauben, sich über die trennende Grenze der Zeit hinweg zu treffen, ahnen sie nicht, dass ihre Liebe der Schlüssel zur Vernichtung der Welt sein könnte ….
Zwei junge Autoren haben sich gefunden um gemeinsam eine ergreifende Geschichte um die Liebe zu verfassen.
Herausgekommen ist dabei ein Jugendbuch, das uns abwechselnd aus der Sicht Christophers und Christine eine durchaus spannende und abwechslungsreiche Geschichte erzählt.
Hier mischt sich dann eine phantastische Handlung – Zeitreise, Dämonen und Magie – mit der Darstellung zweier Charaktere, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten.
Christine wird uns als ganz normale, pubetierende Jugendliche vorgestellt. Sie tanzt in ihrer Hipp-Hopp Gruppe in der Schule, lernt und hält Kontakt zu ihren Freunden übers Smartphone. Die einzige wirkliche Besonderheit im Leben, das dem Leser aus eigener Erfahrung mehr als bekannt vorkommen dürfte, ist ihr Faible für Bücher und ihre Freundschaft mit einem kauzigen Antiquar.
Demgegenüber steht ein junger Mann, der angesichts seiner Lebensumstände schnell erwachsen geworden ist. Wer im London des Jahres 1851 nicht selbst für sich Verantwortung übernimmt, wer sich nicht selbst um alles kümmert, der wird untergehen.
Dass und wie die Beiden so ungleichen sich ineinander verlieben haben die Verfasser sehr einfühlsam und ergreifend in die Handlung verwoben. Das pflegt die leisen, die emotionalen Töne, ohne etwa kitschig zu wirken. Dass wir Ähnliches – eine Verbindung über die Zeiten – schon bei Anderen gelesen haben, dass das Finale ein wenig zu abrupt, die Offenbarungen ein bißchen zu überraschend in einem enormen Info-Dump auf uns einprasseln mag man der Unerfahrenheit der Autorn zuschreiben. Dennoch liest sich das Buch stilistisch unauffällig, inhaltlich packend und emotional aufrüttelnd, ist der Zielgruppe damit genau angepasst und dieser zu empfehlen.
Susanne Glanzner & Björn Springorum: Das Amulett der Ewigkeit .
Thienemann Verlag, März 2015.
288 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.