„Iman“ ist der Debutroman des aus Benin stammenden Ryad Assani-Razakis. Der Autor erzählt die Geschichte dreier junger Westafrikaner, die ihr Glück suchen.
Toumani, die Hauptfigur, wird von Iman aus einem Kanalschacht gerettet. Iman seilt sich in den Schacht hinab und zieht den Jungen hinauf. Damit schenkt Iman Toumani das Leben, ein Geschenk, das Verpflichtungen mit sich bringt. Der französische Originaltitel des Buches, „La main d`Iman“ (Die Hand von Iman) stellt diese Szene in den Mittelpunkt der Handlung.
Toumani ist dankbar, er verehrt Iman, liebt ihn, und beginnt ihn zu hassen dafür, dass er ihm emotional so sehr ausgeliefert ist. Iman, dessen Name „der Glaube“ bedeutet, hat etwas quasi-religiöses an sich, er ist beseelt, sein Blick ist nach innen gekehrt, Toumani sieht in ihm eine Art Jesus (im Koran „Isa“). Außerdem scheint Iman Toumani, dessen Leben er gerettet hat, als Person nicht zu erkennen, er tut das Richtige, aber ohne emotionale Beziehung zu Toumani.
Neben den beiden Männern taucht das Mädchen Alissa auf, sie ist in Toumani verliebt. Als Mädchen in einem Land, in dem Frauen zum Kinderaustragen da sind, ist ihre Lage noch aussichtsloser als die der Freunde, ihre Chance auf Glück noch geringer. Um die Schuld, in der Toumani sich gegenüber seinem Lebensretter sieht, auszugleichen, will er Alissa an Iman „verschenken“.
Dies ist nicht der erste Menschenhandel im Leben der Protagonisten. Toumani und Alissa wurden als Kinder von ihren Eltern als Haussklaven in die Stadt verkauft. Dieses Schicksal ist in Assani-Razakis Heimat Realität; im besten Fall erhalten die versklavten Kinder Geld und Ausbildungsmöglichkeiten und unterstützen so ihre Eltern in den Herkunftsdörfern.
Schließlich erfährt Toumani von Imans Plänen, Afrika zu verlassen.
Assani-Razaki ist heute Programmierer in Toronto, seiner Wahlheimat, sein Blick auf die gesellschaftliche Realität in Afrika, auf die Armut, das Patriachat und die Hoffnung auf Auswanderung ist unverstellt.
Die letzten Buchstaben eines jeden Kapitels bilden, zusammengefügt, das Wort „Immigration“, und das ist die Hoffnung der drei Jugendlichen, an der sie verzweifeln.
Assani-Razakis Erzähltempo, seine Sprache (aus dem Französischen von Sonja Finck) ist lebendig, lyrisch, nie kitschig. Ein Roman, der in eine andere Welt entführt, Toumanis Welt, die der Leser nicht vergessen wird.
Ryad Assani-Razaki: Iman.
Verlag Klaus Wagenbach, Januar 2014.
320 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.