„Robert Kisch“ ist das Pseudonym für einen ehemals renommierten Journalisten, der seinen Job verlor und fortan als Verkäufer in einem Möbelhaus arbeitete. Dass dieser Mann sich so nennt wie der wohl berühmteste Vertreter des Journalismus, Egon Erwin Kisch, der Anfang des 20. Jahrhunderts für Furore sorgte, lässt zumindest aufhorchen. Haben wir es hier mit einem sehr ausgeprägten Selbstbewusstsein zu tun, oder ist das (sympathische) Selbstironie?
Kisch hat über seine Arbeit im Möbelhaus einen gleichnamigen Roman geschrieben, der 2015 erschienen ist, und daraufhin die Kündigung erhalten. Mit dieser Kündigungsszene startet sein zweiter Roman „Glück“, den der Autor – wie schon im Falle „Möbelhaus“ – als „Tatsachenroman“ bezeichnet. Und diese Eingangsszene ist zugleich das Stärkste an diesem Roman.
Es geht weiter mit der Angst des Ich-Erzählers vor der Sozialhilfe und der mitunter verzweifelten Suche nach Glück. Er fährt dabei eine Doppelstrategie: Zum einen „pilgert“ er – so nennt er es – durch Köln, um Beobachtungen zu machen, für die man im Arbeitsleben keine Zeit hat, zum anderen sucht er Menschen auf, von denen er glaubt, dass sie über den Dingen stehen, wie berühmte Naturwissenschaftler, Philosophen, eine Mitarbeiterin im Hospiz, einen ehrenamtlichen Helfer oder eine Meisterin des Zen-Buddhismus.
Diese Passagen geraten Kisch eher wie ein Sachbuch aus der Lebenshilfe-Ecke: „Sorge dich nicht – lebe!“ „Lebe im Jetzt!“ Das nervt auf Dauer, zumal es alles andere als originell ist.
Die spießige Provinz (auch nicht neu) und eine verunglückte Liebesaffäre, die jeder Verlags-Lektor als unverzichtbaren Bestandteil eines Romans fordert, sind Nebenhandlungsstränge.
Am Ende bleibt der Eindruck eines Mannes, der trotz aller Bemühungen keinen neuen Lebenssinn für sich finden kann. So gelesen ein Roman des Scheiterns, der keinen bleibenden Eindruck hinterlässt.
Robert Kisch: Glück.
Droemer, April 2016.
320 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.