Nik Aaron Willim & Asadullah Haqmal: Grüne Tiger

Die jungen Autoren Nik Aaron Willim (geb. 1996) und Asadullah Haqmal (geb. 1995) haben mit „Grüne Tiger“ ein politisches Jugendbuch vorgelegt. Das Thema ist der Kampf der Jugend gegen den Klimawandel, denn „was, wenn Du erkennen würdest, dass wir die Welt tatsächlich vernichten?“

Genau diese Erkenntnis trifft die Oberstufenschüler Leyla, Hektor, Piet und Ean. Die Freunde besuchen eine Demonstration der Act-Now-Bewegung, eine Jugendbewegung, die ähnlich wie „Fridays for Future“ mit friedlichen Kundgebungen und Demonstrationen versucht, die Welt auf die Klimakrise aufmerksam zu machen und zum Handeln zu bewegen. Dort erleben sie den Auftritt der Aktivistin Maisy Young (angelehnt an Greta Thunberg). Diese Begegnung und die anschließenden Diskussionen bewirken eine Art Initiation.  Zunächst sprechen die Freunde uns allen bekannte Wahrheiten und Widersprüche im Alltag aus: Menschen, die versuchen, sich ökologisch korrekt zu verhalten, buchen trotzdem für ein Wochenende Flüge nach Mallorca, essen Fleisch oder werfen ihre Zigaretten auf die Straße.

Das wird flüssig erzählt, die Jugendsprache wirkt echt und nicht erzwungen, die Autoren trauen jugendlichen Lesern zu, ein paar Sätze in englischer Sprache zu verstehen. Teilweise lesen sich die Dialoge jedoch wie ein Pro- und Contra-Tafelbild. Ein bisschen absurd wirkt die Szene, in der die Clique versucht, den Döner-Verkäufer davon zu überzeugen, in seinem Döner-Laden kein Fleisch mehr anzubieten.

Dann nimmt die Handlung jedoch Fahrt auf: Einmal damit begonnen, sich mit der realen Gefahr des Klimawandels zu beschäftigen, planen Leyla, Hektor, Piet und Ean eigene Aktionen, die von Anfang an radikaler sind als das, was Act-Now organisiert. So wird ein Brunnen mit alten Kuscheltieren und Kunstblut präpariert, was zu Menschenaufläufen, Fernsehberichterstattung und einer Exkursion des Kunstkurses zum Marktplatz führt: „Das Brunnenbecken sah aus, als wären dort hundert Delphine geschlachtet worden“. Das Schulgebäude wird unter Wasser gesetzt und ein Mädchen erzählt in einer Filmsequenz, dass sein Dorf durch den steigenden Wasserspiegel tatsächlich vernichtet wurde. Sowohl das geflutete Schulgebäude als auch die Geschichte des Mädchens (ähnliche Bilder und Filme kennen wir) sind beeindruckend geschildert.

Die Freunde nennen sich nun „Grüne Tiger“, tarnen sich bei ihren Aktionen mit der Maske eines Tigers, auf dessen Gesicht der Abdruck einer blutigen Menschenhand prangt. Doch nachdem der Schritt einmal getan ist, über Demonstrationen und verantwortungsbewusstes Handeln im privaten Leben hinauszugehen, folgt die Radikalisierung: Der Untergrund, der Verlust der bürgerlichen Existenz, der Bruch mit der Familie. Alle haben etwas zu verlieren in ihrem neu begonnenen Kampf, als Beispiel sei Ean genannt, der eine Karriere als Judoka anstrebt, bei den Aktionen aber schwer verletzt wird, und nicht alle überleben den eingeschlagenen Weg.

Dieser Thriller ist unglaublich spannend geschrieben, es gibt kein aktuelleres Jugendbuch zum Thema. Eine Antwort auf die Frage, welcher Weg der richtige ist, um „die Balance zwischen Menschheit und der Erde wiederherzustellen“ (siehe „Danksagung“), gibt das Buch nicht – wie könnte es auch.

Das Buch endet mit der Frage: „Wie sieht dieser Weg für dich aus?“

Nik Aaron Willim & Asadullah Haqmal: Grüne Tiger.
KJM Buchverlag, August 2021.
280 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.

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