Matthew Richardson: Niemand kennt deinen Namen

Solomon Vine, leitender Spezialist der britischen Spionageabwehr, dachte, schon alles gesehen und erlebt zu haben. Als ihn eine Terminänderung nach Istanbul zu der Vernehmung eines möglichen Terroristen bringt, gerät er in ein Netz aus Lügen und Täuschungen. Ebenfalls hineingeraten ist sein Kollege Wilde, mit dem er früher befreundet war. In den Reihen des Secret Services soll es einen Maulwurf mit dem Codenamen Niemand geben, behauptet der Inhaftierte. Die Enthüllung dieses Geheimnisses sei seine Freiheit wert. Am gleichen Tag steht Vine vor dem Ende seiner Karriere: In Abwesenheit von Wilde wird der Inhaftierte angeschossen. Alle Indizien sprechen für Solomons Schuld, so dass dieser auf unbestimmte Zeit suspendiert wird. Drei Monate später verschwindet Wilde spurlos. Weil alles nach einer Entführung durch Profis aussieht, bietet ihm Vines ehemaliger Chef die Chance für eine Rehabilitation. Solomon soll in Wildes Vergangenheit nach den Motiven der Entführer suchen. Ohne es zu ahnen, gerät Solomon immer tiefer in ein Komplott, für das er erneut den Sündenbock spielen soll.

Matthew Richardson, Journalist, Redenschreiber und Wissenschaftler hat in seinem Debüt die Arbeitsweise des englischen Geheimdienstes im Fokus. Spionage, Gegenspionage, die Entdeckung von Fährten gehören zu Solomon Vines täglicher Arbeit. Natürlich lebt der Junggeselle nur für seine gefährliche Arbeit. Nachdem er während eines Konzerts Rose kennengelernt hat, denkt er zeitweise an Heirat und seinen Ausstieg aus dem normalen Spionagegeschäft. Doch dann spannt ihm sein bester Freund, Gabriel Wilde, die Frau aus, um diese selbst zu heiraten. Solomon leidet unter diesem Verrat, der nicht nur seine Gefühle blockiert. Er trübt auch vier Jahre später seine Analysen, als Wilde ihn mit der Verantwortung für die Verletzung des Gefangenen im Istanbuler Verhörraum allein lässt. Die Suche nach Informationen über Wildes Vergangenheit hat der Autor wie ein Puzzle aufgebaut. Was ist wahr? Welche Motive treiben Geheimdienste an, bewaffnete Kommandos einzusetzen? Wer ist der Feind und warum? Und wie werden bestimmte Aktionen politisch in den Medien verkauft? Die Grenzen zwischen Freund und Feind verwischen in Matthew Richardsons Agentenroman. Niemand, am wenigsten Solomon kann sich seiner Sache sicher sein. Sicher sind nur die vielen Opfer, die auf der Strecke bleiben.

Wir verbringen unser ganzes Leben in einem Haus aus Lügen. Das zermürbt uns letzten Endes. Weil wir irgendwann so krankhaft misstrauisch werden, dass wir schließlich gar nichts glauben können.“ (S. 252/253)

Matthew Richardson: Niemand kennt deinen Namen.
Rowohlt, Dezember 2018.
400 Seiten, Taschenbuch, 9,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.

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