Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Art 20a, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Luisa Neubauer, 23, gilt als das deutsche Gesicht der Fridays for Future-Bewegung. Sie wird auch immer wieder als die deutsche Greta Thunberg bezeichnet. Luisa Neubauer studiert Geographie.
Alexander Repenning, 30, ist Soziologe und arbeitet u.a. für die Right Livelihood Foundation, den Alternativen Nobelpreis.
Die beiden haben, wie der Deutschlandfunk es nennt, das „Manifest der Fridays for Future-Bewegung“ geschrieben. Sie klagen an in diesem Buch, sie mahnen, sie sind wütend und sie finden deutliche Worte. Aber sie führen auch nüchterne, gut recherchierte, fundierte Fakten an. Und vor allem vermeiden sie übergroßen Pessimismus, allerdings ebenso den unangebrachten Optimismus. Sie bezeichnen sich selbst als Possibilisten. Ein Possibilist sieht Möglichkeiten. Es liegt an jedem selbst, ob sie verwirklicht werden.
Und daher erklärt sich auch der Titel ihres Buches. Sie sehen die Möglichkeiten, die wir noch haben, ein Ende der Klimakrise zu erreichen. Aber wir müssen handeln. Jetzt.
„Wir sind die Ersten, die die Klimakrise zu spüren bekommen und die Letzten, die noch etwas ändern können“, sagt Luisa Neubauer.
In ihrem Buch beleuchten die Autorin und der Autor die Klimakrise aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Die Klimakrise ist, so Neubauer und Repenning, auch eine Kommunikationskrise. Wenn über ein Bundesligaspiel in der Tagesschau, wie ich es neulich selbst erlebt habe, mehr als drei Minuten lang berichtet wird, mit Film und Interview, über den neuen Klimabericht, der meldet, dass in Deutschland bereits jetzt die Erwärmung 1,5 Grad beträgt, aber nur in einem Zweisätzer im Nachrichtenblock, dann haben wir tatsächlich eine Kommunikationskrise.
Die Klimakrise ist keine individuelle Krise, so ein anderes Kapitel dieses Buchs. Nein, auch wenn jeder einzelne etwas tun kann, es geht darum, viele zu mobilisieren, an den Lösungen für die Klimakrise zu arbeiten. Es geht darum, gemeinsam Druck auszuüben auf die Politik, auf die Wirtschaft, auf die Mächtigen.
Autorin und Autor zeichnen Lösungswege, sie zeigen, dass die Klimakrise auch eine Gerechtigkeitskrise ist, eine Wohlstandskrise und eine Krise des fossilen Kapitalismus. Man spürt, die Beiden wissen, wovon sie reden, sie beschäftigen sich nicht erst seit Fridays for Future mit dem Thema Klimakrise (übrigens verwenden sie bewusst nicht den Ausdruck Klimawandel).
Sie sprechen mit der Stimme der ökologischen Vernunft, der Weitsicht und der Hoffnung, dass die Welt noch zu retten ist. Während in Deutschland um den Tag des Ausstiegs aus der Braunkohle gefeilscht wird, fordern diese beiden jungen Leute, dass Klimaverträge, dass Abkommen wie das Pariser Klimaschutzabkommen, eingehalten werden. Dass wir Artikel 20a des Grundgesetzes respektieren. Damit sie eine Zukunft haben.
Neubauer und Repenning erklären. Sie erklären die Bedeutung von Kipppunkten, den Punkten, an denen irreversible Kettenreaktionen ausgelöst werden. Sie erklären den Zusammenhang mit dem Faktor Zeit, denn alle Klimaschutzvorhaben sind vergebens, wenn nicht in dem nötigen Zeitrahmen gehandelt wird. Sie rufen uns zu: „Fangt an, über Zeitlichkeit und Dringlichkeit zu sprechen. Denn langsamer Klimaschutz ist vergebens – …“ (S. 135).
Luisa Neubauer und Alexander Repenning haben ein aufrüttelndes Buch geschrieben, nicht reißerisch, sondern reflektiert, nicht voll kruder Theorien, sondern basierend auf ihren Erfahrungen in jahrelanger Klimaschutztätigkeit. Sie zeigen die sozialen und politischen Aspekte, sie üben harte Kritik, aber sie zeichnen auch Visionen, die Hoffnung machen.
Die Beiden rufen alle auf, sich zu informieren, zu organisieren, zu handeln.
Sie schreiben klar, in erzählendem Stil, durchsetzt mit Berichten von persönlichen Erlebnissen, so dass Leser*innen sich ihnen nähern und die Menschen hinter den Aktivisten sehen und begreifen, was sie antreibt.
Sie haben ein Buch geschrieben, das nachhallt, das nachwirken muss und soll, das Pflichtlektüre für Politiker, Wirtschaftsbosse und Klimakrisenleugner werden sollte. Pflichtlektüre auch für uns alle, für uns, die Angehörigen der Generationen der Eltern und Großeltern von Luisa Neubauer und Alexander Repenning.
Folgen wir ihrem Aufruf. Handeln wir. Jetzt!
Luisa Neubauer & Alexander Repenning: Vom Ende der Klimakrise: Eine Geschichte unserer Zukunft.
Tropen, Oktober 2019.
304 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Renate Müller.
Hallo,
bin bis fast zur Hälfte des Buchinhaltes „Vom Ende der Klimakrise“ vorgedrungen. Es muss schnellstens gelingen, den Damen und Herren Lobbyisten, wie sie auf den Seiten 130 bis 132 behandelt werden, klar zu machen, dass sie mit ihren gegen die Wahrheit gerichteten Aktivitäten auch gegen sich selbst handeln. Denn in nicht allzu ferner Zukunft werden, wenn es so weiter geht, diese begreifen müssen, das ihr Heilgtum, Geld und Besitz dann nicht mehr viel wert sind, weil damit nichts mehr auszurichten ist und es selbst als Strohhalm nichts mehr taugt!
Hallo berthel,
danke für den Kommentar. Ich bin da ganz der gleichen Meinung. Von daher freut es mich, dass Fridays for Future dieses Durchhaltevermögen hat. Solange sie weiter machen, solange muss das Thema auch bei den Politikern auf der Tagesordnung bleiben.
Es freut mich, dass dieses Buch auch andere so wie mich nachhaltig beschäftigt.
Viele Grüße