Eines der bekanntesten und vielleicht auch besten Bücher Ken Folletts dürfte ‚Die Säulen der Erde’ sein. Alle, die das Buch gelesen oder zumindest die Verfilmung gesehen haben, werden sich an die zum Teil dramatischen Konflikte erinnern, die sich um den Bau der Kathedrale in der fiktiven westenglischen Ortschaft Kingsbridge drehten. Das Buch ist auch heute noch, nach fast 30 Jahren, ein beliebter historischer Roman.
Im Jahr 2008 erschien mit ‚Die Tore der Welt‘ ein guter, aber insgesamt doch schwächerer Folgeband. Die Handlung ist rund 200 Jahre nach den Ereignissen des ersten Bandes angesiedelt und spielt im 14. Jahrhundert. Zum Teil knüpft Follett dabei an Personen und Geschehnisse aus ‚Die Säulen der Erde‘ an.
Nun ist im September mit ‚Das Fundament der Ewigkeit‘ ein weiterer Roman der Serie erschienen, der in den Jahren 1558 bis 1620 spielt und damit die historische Epoche der Regierungszeit von Königin Elisabeth I. (1558 – 1603), der Hinrichtung Maria Stuarts (18.2.1587), der Bartholomäusnacht (23./24.8.1572) und der versuchten Invasion der spanischen Armada (1588) umfasst.
Die Handlung beginnt in Kingsbridge. Der junge Ned Willard möchte Margery Fitzgerald heiraten. Die beiden lieben sich, doch Margerys Eltern und ihr älterer Bruder Rollo haben andere Vorstellungen. Sie wollen Margery mit dem Viscount Shiring verheiraten, um dadurch selbst zum Hochadel zu gehören. Da kann Ned, der Kaufmannssohn, natürlich nicht mithalten. Zudem ist Neds Familie zwar katholisch, den unter der Regierung von Maria I. Tudor (auch Maria die Katholische oder Bloody Mary) verfolgten Protestanten gegenüber aber dennoch tolerant. Ganz anderes die streng katholische Familie von Margery. Außer ihr selbst heißen alle Fitzgeralds die Verfolgungen und Hinrichtungen gut.
Die unglückliche Liebesbeziehung zwischen Ned und Margery bildet einen, wenn auch schwachen, roten Faden, der sich durch das Buch ziehen. Ken Follett baut noch eine ganz Reihe anderer Konflikte auf und führt zahlreiche weitere Personen und Handlungsorte ein. So lernen wir Barney Willard, den zunächst in Spanien lebenden Bruder von Ned, kennen, treffen in Paris auf den extrem ehrgeizigen und aus der Unterschicht stammenden Franzosen Pierre, erleben die Bartholomäusnacht mit und erhalten einen Einblick in die politischen Verhältnisse zur Zeit der Regierung von Elisabeth I., die Englands ersten Geheimdienst einrichtete. Wir verfolgen das Schicksal Maria Stuarts, die vom französischen Königsthron schließlich unter das englische Henkersbeil geriet. Ein zentrales Element in ‚Das Fundament der Ewigkeit‘ ist dabei immer wieder der eng mit der Politik der damaligen Zeit verknüpfte Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten.
Es ist eine äußerst interessante und ereignisreiche Periode der europäischen Geschichte, die sich Follett für seinen neuesten Roman ausgesucht hat. Da er die geschichtlichen Ereignisse sehr gut in die Handlung einbaut, ist das Buch alleine schon aus diesem Grund lesenswert. Ich finde historische Romane gerade deshalb auch so reizvoll, da sie uns Geschichte quasi live miterleben lassen. So gelingt es Follett durchaus gut, seine fiktiven Charaktere in die historischen Abläufe zu integrieren. Etwas anderes hätte ich von einem Autor seines Formats freilich auch nicht erwartet.
Dennoch reicht das Buch aus meiner Sicht nicht an die beiden vorherigen Bände heran. Die Story hat einfach zu viele Schwächen im Aufbau der Handlung und auch den Figuren. An Geschehnissen und Konflikten mangelt es dabei durchaus nicht. Doch es fehlt der große Spannungsbogen, der alles zusammenhält. So wirken die einzelnen Handlungsstränge aneinandergereiht und verbindungslos.
Während in ‚Die Säulen der Erde‘ die Frage beherrschend war, ob die Kathedrale gebaut wird, gibt es hier eine solche Frage nicht. Der Leser nimmt eher eine beobachtende Rolle ein und verfolgt die Ereignisse. Diese sind durchaus spannend zu lesen, eine fesselnde Geschichte ist es aber nicht. So richtig in das Buch hineingezogen habe ich mich leider nie gefühlt.
Interessanterweise erwartet Ken Follett wohl selbst, dass seine Leser das Buch nicht sofort begeistert vollständig durchlesen. In einer kurzen Einleitung zu einer Namensliste weist er darauf hin, dass ‚… wir alle manchmal ein Buch zur Seite legen und dann längere Zeit nicht zum Weiterlesen kommen …‘ (Seite 9). Aus diesem Grund habe er ‚kurze Gedächtnisstützen eingebaut‘ (ebd.), damit dem Leser die Personen wieder in Erinnerung gerufen werden. – Eine unkonventionelle Idee, die ich aber nicht so gut finde, da sie im Text zu Wiederholungen führt, die den Lesefluss stören.
Die Figuren: Mir persönlich sind sie durchweg zu sehr schwarz-weiß gezeichnet. Der Protagonist Ned ist eigentlich immer der Gute. Schwächen oder gar dunkle Seiten hat er keine. Sein große Liebe Margery ist da ähnlich. Auf der anderen Seite sind Rollo Fitzgerald oder der Franzose Pierre einfach nur böse.
Das kann man natürlich so machen und ist, wenn ich mich recht erinnere, auch in den ‚Säulen der Erde‘ ähnlich. Dennoch finde ich, dass hier durchaus noch ‚Luft nach oben‘ gewesen wäre und die Charaktere etwas mehr Tiefe hätten bekommen können.
Mein Fazit: Trotz der von mir geschilderten Schwächen ist ‚Das Fundament der Ewigkeit‘ ein durchaus lesbarer und auch spannender historischer Roman, der einen sehr schönen Blick auf die Geschehnisse der damaligen Zeit erlaubt. Als ein Muss würde ich das Buch hingegen nicht bezeichnen, zumal es mit einem Preis von 36 € auch recht teuer ist.
Ken Follett: Das Fundament der Ewigkeit.
Bastei Lübbe, September 2017.
1168 Seiten, Gebundene Ausgabe, 36,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Christian Rautmann.