Die Menschheit hat sich aufgemacht, das All zu erforschen. Seit Jahrzehnten werden Forschungsexpeditionen ausgesandt, man hat eine intelligente, technisch überlegene Rasse, die Sholen entdeckt, und sich auf ein Procedere verständigt. Solange die Menschheit nicht zu aggressiv vorgeht, so lange sie bei ihren Forschungen jeglichen Kontakt mit jungen Alienrassen vermeidet, darf im All wie auf fremden Planeten geforscht werden.
Auf Ilmatar wurden die Forscher fündig. Tief unter der Oberfläche des ewigen Eispanzers, im immerwährenden Halbdunkel des dortigen Ozeans existiert eine Rasse von intelligenten Meereskreaturen. Eine Forschungstation wird errichtet, die Beobachtung in der Tiefsee beginnt. Dann kommt es zu einem Zwischenfall, einem bedauerlichen Ereignis, wie die Diplomaten es immer so schön ausdrücken.
Ein sensationslüsterner Forscher will sich mittels eines hochentwickelten Tarnanzugs den Meereskreaturen unbemerkt nähern und sensationelle Aufnahmen nach Hause liefern. Als er entdeckt und von den neugierigen hummerähnlichen Wesen aufgeschnitten wird, ist die Kacke am Dampfen.
Die Sholen entsenden ein Raumschiff, das den Vorfall untersuchen soll. Zwar kommen die beiden Sholen zu der Erkenntnis, dass es sich um einen Unfall gehandelt habe, doch im Konsens mit politisch radikalen Strömungen zu Hause wird entschieden, dass die Menschen die Forschungsstation Hitode aufgeben müssen – eine Entscheidung, die den entschiedenen Widerstand der Forscher hervorruft – und zu einem bewaffneten Konflikt führen könnte …
James L. Cambias Romanerstling ist ein Text, wie ich ihn so oder ähnlich schon lange Zeit nicht mehr gelesen habe. Gregory Benford vergleicht das Werk in seinem Blurb mit dem Weltenaufbau eines Hal Clement oder Larry Niven und liegt damit gar nicht so falsch. Statt Military-SF, statt Peng-Peng im Weltraum oder virtuellen Szenarien präsentiert uns der Autor eine fremde, in sich überzeugend ausgearbeitete Alienrasse. Tief unter der Erdoberfläche eines fremden Sonnengestirns gelegen fasziniert zunächst einmal die erdachte Unterwasserzivilisation über ihre Andersartigkeit. Gebannt erkunden wir in den dort angesiedelten Handlungssträngen deren soziale Struktur, die Unterschiede aber auch die Gemeinsamkeiten mit den menschlichen Verhaltensweisen. Hier eröffnet sich dem Leser eine eine faszinierend andere, und doch auch immer wieder vertraute Welt.
Etwas unscharf bleiben zunächst die Sholen. Erst ab der Mitte des Romans, über und mit ihrer Untersuchung der Vorgänge kommen sie und ihre besonderen Wesenszüge immer im Konsens zu entscheiden zum Tragen. Am schwächsten sind damit verglichen die Zeichnungen der Menschen ausgefallen. Diese präsentieren sich stereotyp, agieren im Gewohnten und lassen weder Nähe noch grosse Faszination vermissen.
So lebt der Roman von der glaubwürdigen und interessanten Zeichnung der Aliens, den Konflikten, die sich andeuten und dann ausbrechen und dem durchgängigen Spannungsbogen. Für Fans von glaubwürdig erdachten und ausgearbeiteten Alienrassen definitiv eine Empfehlung wert.
James L. Cambias: Meer der Dunkelheit.
Cross Cult, Mai 2016.
380 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.