Erik D. Schulz‘ KI-Thriller ist in der nahen Zukunft angesiedelt, im Jahr 2075. Das Nipah-Virus ist mutiert, es gibt das Moon- und das Mars-Village, Korea ist wiedervereinigt und es gibt ein Abkommen zur Abschaffung von Atomwaffen. Das Grundeinkommen ist eingeführt, Androcops sorgen für Ordnung auf den Straßen und das Gesundheitssystem in Deutschland macht KIs zu Kollegen des Menschen.
Schulz schafft hier ein atmosphärisches Near Future-Szenario, in dem der Arzt Philip Rogge -scheinbar zufällig- von Friedrich Cannavale aufgesucht wird, der am Ende des Romans eine Revolution ausgelöst haben wird, „die das Leben auf der Erde tiefgreifend verändert hat“. Diese Vorausschau baut Spannung auf, und der Arzt und Autor Schulz hält diese bis zum Schluss aufrecht.
Allerdings fragt man sich an dieser Stelle, warum Cannavale sich Rogge überhaupt anvertraut. Dies wird erst zum Ende des Romans aufgelöst und die scheinbare Ungereimtheit lässt den Leser nicht ganz los: „‚Sagen Sie, warum erzählen Sie mir das alles?‘, fragt Rogge zu Beginn der Ereignisse, und Cannavale antwortet nur: ‚Ich habe Vertrauen zu Ihnen.‘“
Philip Rogge erfährt von dem unerwarteten Besucher Cannavale, dass die weltweiten Änderungen in Politik und Gesellschaft durch gleichgeschaltete Medien manipuliert werden, dass der Quantencomputer Daguo eine Weltregierung schafft, die -siehe Titel des Buches- ohne den Menschen auskommt.
Cannavale gehört zu einer Gruppe von Wissenschaftlern, die ein Gegenmodell zu Daguo entwickelt haben, nämlich „Omniscient“. Ein Sonnensturm, der die Erde trifft und das Internet lahmlegt, gibt Cannavale und seinem Team die Möglichkeit, Omniscient in das weltweite Netz einzuspeisen, unbemerkt von Daguo. Beide KIs haben ungefähr dieselben Fähigkeiten, nur ist Omniscient so programmiert, dass seine Motivation eine andere ist als die von Daguo und Cannavales Ziel ist es, ein intelligentes Gegengewicht zu Duago zu schaffen und zum Leben zu erwecken. Das Chaos, das durch den Sonnensturm ausbricht, führt Rogge zu seiner Exfrau und seinem Sohn, ohne die er nicht fliehen will und die er mit in die Ereignisse rund um die konkurrierenden KIs hineinzieht.
Rivalisierende KIs, die Folgen des Sonnensturms, der Wettlauf mit der Zeit: Alles wird spannend und atmosphärisch beschrieben. Allerdings sind die Frauenfiguren sind etwas flach geraten, die Charakterisierung der „blonden Historikerin“ sei als Beispiel genannt. Auch sprachlich ist der Roman nicht sehr innovativ („Hören Sie, Teuerste“).
Insgesamt habe ich das Buch gern und schnell gelesen, die Mischung aus Endzeitstimmung, KI und Verfolgungsjagd funktioniert. Der Autor verspricht eine Fortsetzung!
Erik D. Schulz: Weltmacht ohne Menschen.
Delfy International Publishing, Januar 2022.
320 Seiten, Taschenbuch, 14,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.