Mike Brink war ein ganz normaler Teenager, der von einem Footballstipendium träumte. Bis er in einem Spiel einen Unfall hat und von da an eine Inselbegabung. Es hat viel mit Mathematik und Mustern zu tun, jedenfalls befähigt ihn das, jedwede Rätsel nicht nur lösen zu können, sondern auch zu wollen. Aus dem Drama, fast der Tragödie, ist eine Stärke geworden. Mike hat am MIT studiert und ist ein gefragter Rätselmacher und -löser. Eines Tages wird er gebeten, eine vor Jahren wegen Mordes verurteilte Schriftstellerin in der Psychiatrie zu besuchen. Sie hat ein Rätsel für ihn …
Ich mochte Mike Brink und wie die Autorin den Charakter aufgebaut hat. Er hat eine nicht einfache Geschichte, aber er hat sein Leben angepackt und was draus gemacht – das Beste, was er eben konnte.
Genauso lebt er sein Leben und genauso geht er auch durch das Buch. Es geht um uralte Rätsel, es geht um ganz moderne Wissenschaft und wie beides zusammenhängen kann. Es geht um einen verzweifelten Mann, der glaubt, ewiges Leben wäre erreichbar und es geht um eine junge Frau, die glaubt, ihren besten Freund ermordet zu haben und sich jetzt (nicht ganz zu unrecht) von Feinden umgeben sieht.
Beworben wird das „Ingenium“ natürlich mit der Anlehnung an Dan Brown (den ich nach dem zweiten Band nicht mehr lesen mochte), aber das tut dem Buch Unrecht, es ist viel besser. Statt eines klugscheißenden Wissenschaftlers, der alles weiß und alles kann, haben wir hier einen klugen, aber einfachen Rätselmacher, der sich all das Wissen erst erarbeiten muss – auch wenn es ihm leichtfällt.
Ein Teil des Rätsels wurde auch schon in den vorigen Jahrhunderten gelöst, Mike muss die Lösung nur finden und glauben. Der Roman spielt auf verschiedenen Zeitebenen (Mikes, der Zeit vor dem Mord an dem Freund der Schriftstellerin, Prag zum Ende des vorletzten Jahrhunderts), denn vor Mike zeichnete ein Puppenmacher bereits einen Teil von Rätsel und Lösung auf. Dem Pariser Künstler war zwar klar, dass er gemeinsam mit dem Prager Rabbi etwas Furchtbares auf die Welt gebracht hatte, aber er hat nie verstanden, warum. „Ingenium“ hat einen mystischen Anteil, auch wenn der Vergleich mit Stephen King hinkt, weil King seine alten Mythen eher bei den amerikanischen Ureinwohnern als in jüdischer Geschichte sammelt.
Gerade Mike Brinks Versuche – wir erinnern uns, Mathematiker vom MIT (wieso bekomme ich hier den Vergleich mit Sheldon Cooper nicht aus dem Kopf?), rationale Erklärungen zu finden machen einen Teil der Spannung des Buches aus. Gemeinsam mit ihm zweifelt der Leser immer wieder an dem übersinnlichen Anteil, es muss doch eine Erklärung geben, auf die wir halt nur noch nicht gekommen sind.
Spoiler: Ja, dem Dackel geht es gut.
Fazit: Gelungener, spannender Thriller mit ausgearbeiteten Charakteren bis in die Nebenfiguren, der geschickt mit verschiedenen Zeiten und Motiven spielt und Lust auf die Fortsetzung macht.
Danielle Trussoni: Ingenium
Aus dem Englischen übersetzt von Jürgen Bürger
Hoffmann & Campe, September 2023
481 Seiten, Paperback, 18,00 Euro
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.