Wenn im Badezimmer ein Wasserrohr bricht und man – wie es der Zufall erlaubt – dies schon nach Stunden und nicht erst nach einem Urlaub bemerkt, dann hilft in der Not der Absperrhahn. Doch was ist, wenn dieser so fest sitzt, dass er beim sehr kräftigen Losdrehen abbricht und auch der Absperrhahn im Keller, seit Ewigkeiten nicht gewartet, nur eingeschränkt funktioniert. Wie es weiter geht, mag sich jeder alleine vorstellen.
Seit dem Ausbruch der Corona Pandemie gibt es unterschiedliche Vorstellungen, wie es weiter gehen könnte. Viele Meinungen prallen aufeinander. Darüber hinaus geben die Prognosen der Fachleute aus dem Bereich Finanzen und Wirtschaft Anlass für weitere Diskussionen.
Clemens Fuest gilt als renommierter Ökonom und ist Präsident des Ifo Instituts. In seinem Buch analysiert er die aktuelle Wirtschaftslage und nimmt seine Leser mit auf eine informative Reise. Umfassend erfährt man bei der kurzweiligen, aber auch anspruchsvollen Lektüre, wie eng verzahnt Bildung, Konsum und Globalisierung geworden sind. Unterbrochene Produktionsketten, wegbrechende Steuern, erhöhte Ausgaben zeigen eine unglückliche Asymmetrie. Denn in dem Moment, in dem der Finanzbedarf am größten ist, müssen alle mit einem Minimum auskommen. Am Beispiel der Lufthansa, die in jeder Stunde eine Millionen Euro verlor und über Monate hinweg extrem wenig verdient, zeigt sich, wie wichtig Rücklagen sind. Doch in der Vergangenheit, als das Lied des unendlichen Wachstums gesungen wurde, gab es bei den Investoren nur eine Richtung. Groß denken, Schulden aufnehmen, Märkte aufkaufen. Dementsprechend wurde auf Kante kalkuliert, indem das maximale Kreditvolumen mit zukünftigen Gewinnen schön gerechnet worden ist. Die Spirale der Verschuldung ließ sich nicht mehr aufhalten und wird mit fast zinslosen Krediten weiter genährt.
„… Es gilt also, immer wieder Investoren zu finden, die bereit sind, dem Staat große Summen zu leihen.“ (S. 100)
Jede aktuelle Steuerberechnung zeigt einem Finanzminister, ob die Tilgung auslaufender Kredite bedient werden kann. „… Letztlich stellt sich die Frage, wo die Grenzen der Staatsverschuldung liegen – und wie trotz der Belastung durch die Coronakrise nachträglich Staatsfinanzen gesichert werden können.“ (S. 100) Oft geht es gut und manchmal, wenn man zum Beispiel an Griechenland denkt, sind gravierende finanzielle Einschnitte an die Bevölkerung weitergereicht worden.
Clemens Fuest vermag als ehemaliger Professor ein komplexes Thema didaktisch gut aufbereiten und sprachlich verständlich offenlegen. Dadurch, dass er bereits zur Eurokrise ein Buch geschrieben hat, kann er auf einen immensen Fundus von Informationen zurückgreifen. Aus seiner Perspektive ist eine gut koordinierte Globalisierung ein Weg, möglichst vielen Menschen zu Wohlstand zu verhelfen. Politisch verhandelte Rahmenbedingungen sowie eine Steuerreform können einen wirtschaftlichen Aufschwung fördern. Ist der Blick von oben nach unten gerichtet, kann dieser eine Einbahnstraße werden. Die Antwort auf die Frage, wie viele überschuldete Bürger ein Land verkraften kann, ist genauso wichtig wie der Umfang der privaten Vermögen, der für Rücklagen dem Kapitalmarkt entzogen wird.
Clemens Fuest: Wie wir unsere Wirtschaft retten.
Aufbau, Juli 2020.
277 Seiten, Taschenbuch, 18,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Bovenkerk-Müller.