Christian Handel: Die Nacht der Königinnen

Alix ist zwar eine Adelige, aber eher ein Wildfang. Das wird ihr noch zugutekommen. Erst einmal ist sie aber eingeladen. Denn der (verhasste) König möchte eine Braut. Zu diesem Anlass gibt er – wie in jedem guten Märchen – ein Fest und lädt die Adelstöchter des Königreiches im heiratsfähigen Alter dazu ein. „Einladen“ ist vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck, denn weigern kann man sich so gut wie nicht – eine blitzschnelle Heirat mit irgendwem oder der Gang ins Kloster böte sich noch als Ausweg an. Alix reist also in die Stadt und wird von einer Verwandten auf die Festlichkeiten vorbereitet. Schon am Ende des ersten Abends läuft es ganz anders als geplant. Die Mädchen dürfen nicht nach Hause zurück, sondern ihre Sachen wurden bereits ins Schloss geholt und sie bekommen je zu zweit ein Zimmer – und nein, natürlich seien sie keine Gefangenen. Trotz Konkurrenz werden erste Freundschaften geschlossen, was nicht ganz so schwer ist, wie es sich anhört, weil ja eigentlich die Wenigsten den (verhassten) König heiraten möchten.

Dann startet unverhofft die eigentliche Auswahl. Die 15 Mädchen finden sich in einer Traumwelt wieder, versehen mit der Aufgabe: Töte die anderen, die Überlebende wird geheiratet. Wie, du willst nicht töten? Warte, ich gebe dir einen Grund. Ach und übrigens, deine gesamte Verwandtschaft schaut zu. Du hast mir zwar nichts getan, aber dein Vater hat meine Mutter verbrannt, ich will Rache.

Wer jetzt an „Hunger-Games-im-Märchenreich“ denkt, ja, ich auch. Alix ist auch sehr Katniss, bis hin zu Pfeil und Bogen und „ich-will-aber-niemanden-töten-wenn-ich es-vermeiden-kann“.

Trotzdem ist „Die Nacht der Königinnen“ anders. Denn Alix Veränderung ist ganz anders als die von Katniss, wenn auch nicht in allen Punkten.

Ich mochte das Buch, was mir allerdings sehr gefehlt hat, ist der Blick auf die Zuschauer. Wie denkt Alix Vater darüber, was er vor Jahren getan hat? Bereut er es, während er zusieht, wie seine Tochter um ihr Leben kämpft? Bereut er es, während seine Tochter durch Hexerei gerettet wird – das war der Grund, warum er damals die Mutter des Königs verbrannt hat. Oder verflucht er sich, dass er den Jungen damals gehen ließ, der als König sehr eindrucksvoll beweist, dass er sehr wohl ein Hexer ist. Auch die Frage, wer dieser Mundschenk ist und wie viel und warum er mit dem Ganzen zu tun hat, fand ich eher unbefriedigend beantwortet. Das Ende war völlig misslungen – wenn auch sehr positiv und politisch korrekt. So funktioniert das aber nicht, auch nicht im Märchen.

Positiv fand ich dagegen die Macht der Freundschaft und was die Mädchen aus ihrem Schicksal gemacht haben. Wie sie sich auf ihre Stärken besonnen haben und nichts mehr darum gegeben haben, dass sie Zuschauer hatten, während sie Dinge taten, die toll, aber nicht sehr angesehen oder sogar verboten waren.

Fazit: Nicht Christian Handels bestes Buch, aber das Lesen durchaus wert.

Christian Handel: Die Nacht der Königinnen
Ueberreuter, März 2024
384 Seiten, gebundenes Buch, 20 Euro

Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.

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