Boris Hillen hat ein Faible für Motorräder und offenbar auch für die Beatnik-Kultur um Jack Kerouac. Beides nimmt in seinem Roman „Agfa Leverkusen“ eine wichtige Rolle ein.
Der Inder Kishone Kumar möchte im Jahre 1977 die Kunst der Farbfotografie bei den Agfa-Werken in Leverkusen erlernen. Also beschließt er, gemeinsam mit einem Freund auf zwei Motorrädern aus der indischen Provinz nach Deutschland zu reisen.
Die Reise läuft schnell aus dem Ruder. Schon bald lernen die beiden beispielsweise einen gewissen Serge kennen, der sich vor ihren Augen erschießt.
Hillen, geboren 1968, vermengt reale Ereignisse aus dem Jahr 1977 mit der Fiktion seiner Geschichte. So muss Kishone den spanischen Regierungschef Suárez in Madrid fotografieren, der die erste demokratische Wahl in Spanien nach dem Franco-Regime gewonnen hat, und in Berlin trifft er (natürlich) auf RAF-Anhänger.
Weil der Autor extrem viele Figuren einführt und ständig zwischen drei Erzählsträngen hin und her springt, erfordert es viel Konzentration, sich in dem manchmal konfusen Namens- und Handlungs-Dschungel zurechtzufinden.
Die beiden anderen Erzählstränge sind eine Motorradfahrt von Kishones möglicher Tochter und einem Freund in die umgekehrte Richtung – also von Deutschland nach Indien – und ein Treffen von Kishone und dieser Dame in der Gegenwart.
Gegen Ende des Buches wirkt es ein wenig so, als habe der Autor die Lust verloren. Ähnlich einem Exposé skizziert er kurz den weiteren Handlungsverlauf nach der erzählten Geschichte. Hätte er das alles noch ausgeführt, wäre das Buch sicherlich doppelt so dick geworden.
Warum der Roman diesen merkwürdigen Titel trägt, bleibt wohl Geheimnis von Autor und Verlag. Letztlich nicht empfehlenswert.
Boris Hillen: Agfa Leverkusen.
S. Fischer, April 2015.
448 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.