Bert Wagendorp: Ferrara

Der niederländische Journalist Bert Wagendorp (Jahrgang 1956) hat eine Fortsetzung zu seinem Roman „Ventoux“ aus dem Jahre 2016 (Deutsche Erstausgabe) geschrieben. Am 14. Juni 2022 veröffentlichte btb aus der Penguin Random House Verlagsgruppe das Buch mit dem Titel „Ferrara“. Aus dem Niederländischen übersetzt hat es Andreas Ecke.

Darin finden sich die vier alten Freunde Bart, Joost, David und André (alle Mitte fünfzig) in der oberitalienischen Renaissancestadt Ferrara wieder. Joost hat dort einen verfallenen Palazzo gekauft und möchte nun ein Designhotel daraus machen. Seine Freunde reisen an, um ihn bei den Baumaßnahmen zu unterstützen. Leider sind ihre handwerklichen Fähigkeiten derart beschränkt, dass sie schließlich auf professionelle Handwerker zurück greifen müssen. Ein Glück, dass André Bianca de Jong kennt, die sich als Architektin mit der Sanierung von Immobilien auskennt und in Mailand lebt. Von nun an genießen die Freunde ihre Zeit in Ferrara, fahren Fahrrad oder Tesla (!), erkunden die Stadt und ihre Umgebung, kochen, essen, trinken und führen Gespräche. Barts Tochter Anna bekommt einen Auftrag als Korrespondentin einer Zeitung im Nahen Osten zu arbeiten. Sie geht nach Amman in Jordanien. Bart, der Ich-Erzähler, macht sich große Sorgen, die sich wenig später als sehr berechtigt erweisen. Außerdem recherchiert er zur Geschichte Ferraras, wartet auf Annas Besuch und will ein Buch schreiben. André leiht Joost Geld für den Umbau. David verschweigt seinen Freunden zunächst, dass er ernsthaft erkrankt ist. Und dann ist da noch der undurchsichtige Fischverkäufer Perotto.

Bert Wagendorp hat mit dem Fortsetzungsroman „Ferrara“ ein nettes Buch für mittelalte Männer in der Sinnkrise geschrieben. Da laufen vier Freunde vor dem Altern nach Italien weg. Sie haben genug Geld, um sich ein kostspieliges Sanierungsprojekt bzw. monatelangen Urlaub zu leisten. Und dann sind da noch eine schöne Frau und paar ernste Sorgen. Am Treffendsten lässt sich der Inhalt des Buches wohl mit den Sätzen beschreiben, die Wagendorp seine Protagonisten selbst sagen lässt:

„Ich erkannte das Muster von früher wieder. Als ich mit David darüber sprach, nickte er. »Brünstige Männchen und eine schöne Frau«, sagte er… »Unglaublich«, erwiderte ich. »Dreieinhalb Jahrzehnte später und die gleiche Dummheit. Wir lernen nichts dazu, Daaf.«“ (S. 96)

Wagendorp zelebriert in dem Roman (wie in „Ventoux“ auch) das Fahrradfahren und garniert seine Geschichte mit ein paar historischen Fundstücken aus der Stadtgeschichte Ferraras. Spannung wird noch schnell mit Annas gefährlichem Job im Nahen Osten und einem mutmaßlichen Agenten eingebaut. Das wirkt auf mich als Lesende konstruiert, um nicht zu sagen an den Haaren herbeigezogen. Die Männer gefallen sich in ihren Rollen und ihrem Geplänkel mit pseudophilosophischen Einsprengseln. Die am Ende tödlich verlaufende Erkrankung von David dient der Tränendrüse und der plakativen Ode an die Männerfreundschaft und die eigene Sterblichkeit.

In Bert Wagendorps „Ferrara“ feiern sich alternde, geile und wohlhabende Männerfiguren am Rande garniert mit zwei mutigen, selbstbewußten Frauenfiguren in einer banalen Geschichte über einen Ausbruch aus dem offenbar sehr langweiligen Alltag in der niederländischen Heimat der Helden. Mein Fazit: Nur was für fahrrad- bzw. teslafahrende, männliche Egomanen.

Bert Wagendorp: Ferrara.
Aus dem Niederländischen übersetzt von Andreas Ecke.
btb, Juni 2022.
288 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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