Einst hatte die Welt ihrem Untergang ins Gesicht geschaut. Ihre dunklen Götter, die Titanen waren einen Schritt zu weit gegangen in ihrem Krieg gegeneinander, die Welt schien zu zerbrechen.
In letzter Sekunde gelang es, die finsteren Götter von ihrem unheiligen Tun abzuhalten, sie einzukerkern, vielleicht gar sie zu vernichten.
Seitdem durchzieht ein giftiger Odem die Welt, der seit Generationen von den Kuppelschildern, magisch verstärkten Wällen der fünf Städte zurückgehalten wird. Die Amboss-Barbaren allerdings sind dem Nebel schutzlos ausgeliefert.
Dies ist die Geschichte dreier Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Clach gehörte zum Orden der Assassinnen – bevor er im Kampf gegen die Gläubigen der Titanen starb – und als Untoter wieder auferstand. Dass er dabei mit der Fähigkeit wieder zum Leben erwachte nicht nur den Körper sondern auch die Seele zu vernichten, macht ihn zum gefürchteten Feind der Titanen und ihrer Anbeter … Ormgair ist alt und seines Lebens eigentlich überdrüssig. Er musste mit anschauen, wie sein ganzer Stamm gemeuchelt wurde, reiste, um Rache zu nehmen, in die Stadt, nur um dort auf etwas zu stoßen, von dem er Zeit seines langen Lebens annahm, dass es eine Mär sei – eine Todesfee, ein Abkömmling der Elfen gerät in seine Gewalt. Mit Hilfe seines Schwertes, in das die Seele einer gemeuchelten Stadtbewohnerin fuhr, gelingt ihm das Unmögliche – er eint die Barbarenstämme und bläst zum Sturm auf die Stadt …
Dort regiert der Inquisitor Greskegard, der seine Pläne, das Reich, sein Erbe, das ihm vom Archonten vorenthalten wurde zu Übernehmen zusehends in Gefahr sieht. Clatch, die Barbaren, der gnadenlose Herrscher und das Schicksal scheinen sich gegen ihn verbündet zu haben – doch so einfach gibt der psychopathische Despot nicht auf …
Auch im zweiten Band seiner Trilogie wird der Fan weichgespülter Elfenmagie oder Anhänger von Zauberern mit spitzen Hüten kein Lesefutter finden. Trecksel bleibt sich treu und verwöhnt seine Fans mit Dark Fantasy made in Germany. Und, er macht das erneut mustergültig. Seine geplagten Protagonisten, Helden mag ich sie beim besten Willen nicht zu nennen, leiden, dass man fast Mitleid mit den so Geprüften bekommen könnte.
Nach wie vor bietet sich die Kulisse ein wenig diffus an. Trecksel entführt uns in die Stadt, in dortige Festungen, Verliese und geheime Gang- und Kavernensysteme weit unter dem Erdboden. Später dann geht es hinaus in den Nebel, doch so wirklich deutlich wird seine Kulisse nicht. Das ist aber auch gar nicht nötig, hält der Plot doch wieder jede Menge nicht vorhersehbare Wendungen, Geheimnisse und ein gehöriges Mass an Kämpfen für uns bereit. Die jeweilige Motivation für ihre Handlungen wurden überzeugend, wenn auch nicht immer tolerierbar herausgearbeitet. Insbesondere der Inquisitor entwickelt sich immer mehr zum Unsympath, der aber durchaus seine Stärken hat. Natürlich muss Kollege Zufall wieder ein wenig helfend seine Hand ausstrecken, doch wir und unsere Erzähler kommen dem Untergang immer näher. Wer die Dark Fantasy ein wenig kennt ahnt, dass ein Happy-End hier eher eine verpönte Ausnahme ist, dass es darum geht, dass die Protagonisten in sich überzeugend in einer Welt in der das Böse zu Hause ist agieren. Ob sie letztlich ihre Ziele erreichen, oder scheitern ist fast schon sekundär, mehr interessiert uns, wie sich sich ihren Prüfungen stellen, wie sie sich durchbeissen, durchkämpfen. Blut fließt massig, das ist definitiv nichts für schwache Gemüter. Wer aber an Derartigem seine Freude findet, wer Abercrombie, Karl E. Wagner und Konsorten mag, der sollte Trecksel eine Chance geben.
Bernhard Trecksel: Nebelgänger.
Blanvalet, September 2016.
512 Seiten, Taschenbuch, 14,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.