Ihren neuen Roman verknüpft Adriana Altaras wie immer mit ihren jüdischen Wurzeln und diesmal mit ihrem Berufsleben. Theater und Opern sind ihre Welt und ihre Erfüllung und entsprechend turbulent gestalten sich die Tage, die immer mit dem Bühnenalltag verbunden sind.
Altaras weist in einem Vorspann darauf hin, dass einige der Charaktere in ihrem Buch tatsächliche Vor- und Urbilder haben, ihre jeweiligen Beschreibungen und die Handlungen dennoch fiktiv ausgearbeitet sind.
Bühnenleben und Opernbetrieb erfordern, dass die Ich-Erzählerin Adriana immer wieder für einige Wochen weg von der Familie, der Wohnung und der vertrauten Umgebung ist. Ganz automatisch versucht sie, in fremden Städten heimisch zu werden und wie zu Hause eine Joggingstrecke, das Schwimmbad oder eine Espressobar ausfindig zu machen. So stellt sich bald überall der Alltag in Form des immer gleichen Gangs zu einem auserkorenen Lieblingsrestaurant oder dem unvermeidlichen permanenten Auswendiglernen ein. Natürlich gibt es da auch noch die Eigenheiten vieler Kollegen, deren Allüren vor und hinter dem Bühnenvorhang.
Vor allem Sissele, die Souffleuse, nimmt Adriana für sich ein. Sissele hat Adrianas Bücher gelesen und ist der Überzeugung, dass diese ihr weiterhelfen kann. Schließlich sind die beiden durch ihre jüdische Herkunft miteinander verbunden. So legt Sissele ihrer auserkorenen Freundin ihre dramatische Lebensgeschichte dar. Adriana lebt und leidet mit Sissele und ist tief betroffen von deren Vergangenheit. Sie erfährt unter anderem von Sisseles Vater Fischel und den vielen Pflegefamilien, bei denen diese als Kind untergebracht war. Sissele ist regelrecht davon besessen, dass sie mit Adrianas Hilfe ihre jüdischen Verwandten, nach denen sie bislang erfolglos gesucht hat, wieder finden kann. So fahren die beiden Frauen zusammen los, besuchen einstige europäische Konzentrationslager und suchen in Archiven nach Unterlagen von Bewohnern ehemaliger Deportationslager.
Doch die gesamte Sightseeingtour durch europäische KZs bringt kein Licht ins Dunkel. Danach verliert Adriana Sissele aus den Augen. Doch was wäre diese Geschichte ohne ihre Auflösung.
Am Ende schließt sich der Kreis doch noch.
Die Thematisierung der Shoa lässt diesen Roman in der Person Sisseles zwar teilweise originell aber ansonsten eher melancholisch im Vergleich zu Altaras‘ vorherigen Romanen erscheinen.
Adriana Altaras: Die jüdische Souffleuse.
Kiepenheuer&Witsch, Oktober 2018.
208 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.