Monika Maron: Bonnie Propeller: Erzählung

„Momo starb ein paar Tage vor Weihnachten.“ So beginnt Monika Marons Erzählung „Bonnie Propeller“. Momo, das war Marons Hund, um den die Schriftstellerin trauert und gleichzeitig einen neuen Hund sucht. Keinesfalls aus Herzlosigkeit, sondern weil Momo wie alle Haustiere eine Art Institution ist bzw. war. Wie der Papst oder ein Staatspräsident. Und wenn diese nicht ersetzt werden, dann droht ein ganzes Gefüge in Unordnung zu geraten. In diesem Fall war das Gefüge Marons Leben.

Mehr oder weniger schicksalhaft zufällig fällt die Wahl auf die Hündin Propeller. Zweifel ob des seltsamen Namens werden nicht zugelassen. Propeller stammt aus einem ungarischen Tierheim und sie soll die erste Hündin in Marons Leben werden.

Nach einer Odyssee und im zweiten Anlauf wird die Hündin im aufkommenden Dämmerlicht eines frühen Morgens auf dem Parkplatz von Michendorff übergeben. Während Gesicht und Fellfarbe dem Foto des Hundes im Internet gleichen, fehlt es an der Höhe. Exakt zehn Zentimeter sind es weniger als angegeben. Die Enttäuschung ist groß.

Propeller hat keinen Hals, ist fast 2 Kilogramm übergewichtig, hat krumme Hinterbeine und Höcker auf den Hüften: Soll das der Hund sein, mit dem die Schriftstellerin schicksalhaft bis zum Tode verbunden ist? Weiterlesen

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Laurie Lee: Cider mit Rosie (1959)

Der Roman „Cider mit Rosie“ von Laurie Lee stammt ursprünglich aus dem Jahr 1959. Im Jahr 2020 wurde der Text in der Übersetzung von Pociao und Walter Hartmann neu vom Unionsverlag herausgegeben. Das Taschenbuch enthält 13 Aquarelle von Laura Stoddart, die wundervoll die romantische Ausrichtung des Buches unterstreichen.

„Ich war drei Jahre alt, als man mich vom Wagen des Fuhrmanns herunterhob auf den Boden, und mein Leben auf dem Dorf begann mit Schrecken und Verwirrung.“ So beginnt die autobiografisch gefärbte Erzählung aus dem Blickwinkel eben jenes dreijährigen Laurie Lees. Der Leser begleitet den Protagonisten bis zum Jugendlichen. Bis zum titelgebenden Cider mit Rosie.

Die Erzählung spielt nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Die Familie zieht ins ländliche England und lebt hier in einem „Haus mit Garten […] am abfallenden Ufer eines Sees […] in einem dreistöckigem Haus mit Keller und einem eingemauertem Schatz.“ Weiterlesen

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Ji-Min Lee: Marilyn und ich

Alice J. Kim ist gerade einmal 30 Jahre alt und wäscht ihr graues Haar mit Bier. Sie besitzt eine panische Abneigung gegen Menschenmengen und hat auch sonst große Probleme mit dem Leben. Für die meisten ihrer Landsleute gilt sie als Hure der Amerikaner, obgleich sie in der Militärverwaltung nur als Übersetzerin arbeitet.

Der Leser trifft auf die Protagonistin in dem Augenblick, als ihr Hammet, ihr Vorgesetzter in der amerikanischen Militärverwaltung, eröffnet, dass sie Marylin Monroe während des viertägigen Korea-Besuchs als Dolmetscherin begleiten soll. Hier stellt sich die zentrale Frage dieses Romans: Können vier Tage mit Marylin das Leben von Aesun, wie Alice J. Kim wirklich heißt, retten?

Der Leser nimmt in der Ich-Perspektive der Protagonistin an deren trostloses Leben kurz nach dem Koreakrieg teil, ohne zunächst konkret zu erfahren, was diese depressive Aura ausmacht. Sie erzählt dem Leser von ihrem Alltag, ihren Störungen und Zwängen auf eine unterhaltsame, mitleidslose Art und Weise, die die Lektüre nie langweilig werden lässt.

Alice hat nur wenige Freunde. Kurz vor dem Marylin-Besuch in Korea lehnt sie die Avancen von Guyong ab. In die bislang chronologische Schilderung werden nun Rückblenden eingefügt, die sich harmonisch in die Handlung einfügen und den Leser keinesfalls aus dem Lesefluss reißen. So wie Ji-Min Lee zeitliche Sprünge in die Geschichte einbindet, werden sie zu einem gekonnt eingesetzten literarischen Mittel. Weiterlesen

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Marcel Atze & Tanja Gausterer: Im Schatten von Bambi

Felix Salten ist der nom de plume des ungarisch-österreichischen Schriftstellers Siegmund Salzmann. Geboren wurde der Autor am 6. September 1869 in Pest (Ungarn). Salten wurde mit der Geschichte des kleinen Rehkitz Bambi in „Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde“ aus dem Jahre 1923 weltberühmt. Das man Felix Salten zu Unrecht auf den Autor von Bambi reduziert, soll die vorliegende Biografie über das Leben und das Werk des Autoren beweisen.

Es handelt sich hierbei um eine Ausgabe der Wienbibliothek. Der Band erhält dadurch eine einzigartige Anreicherung durch zahlreiche authentische Abbildungen, die dem Archiv der Bibliothek entstammen dürften. Zugleich wurde der Nachlass des Autoren gesichtet. Unter anderem wurde dabei die Novelle „Albertine“ entdeckt. Die erotische Novelle befindet sich nun kurzerhand ebenfalls im Buch. Fotografien von Wegbegleitern und historischen Persönlichkeiten, die in Saltens Leben eine Rolle spielten, sind ebenso zu entdecken wie Abbildungen von Postkarten, Formularen, Tagebucheinträgen und Schriften des Autors. Weiterlesen

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N.K. Jemisin: Steinerner Himmel

„Steinerner Himmel“ ist der abschließende Roman der Trilogie „Die große Stille“ von N.K. Jemisin. Die nordamerikanische Autorin heimste für alle drei Bände große Auszeichnungen und viel Lob ein. Der vorliegende Roman rechtfertigt diese Ehrungen bis auf einen Aspekt. Wir befinden uns in einer Zeit, die weit, weit nach der jetzigen auf der Erde spielt. Die Welt in „Steinerner Himmel“ ist mit der unsrigen nicht zu vergleichen. Die Dystopie vermittelt dem Leser, dass die Erde selbst ein Bewusstsein erlangt hat; zu einem Wesen geworden ist: Vater Erde.

Vater Erde rächt sich ob dem egoistischen Vorgehen der Menschen an ihm durch eine Reihe von Naturkatastrophen, insbesondere durch den Ausbruch von Supervulkanen. Diese Naturkatastrophen führen, wenn sie kumuliert auftreten, zu Fünftzeiten, eine Art Winter, der mindestens sechs Monate andauert und durch seismische oder andere gravierende Umweltereignisse ausgelöst wird. So eine Fünftzeit wünscht sich keiner, sollte man meinen. Die verbliebenen Menschen und anderen Lebensformen auf der Welt haben sich als Überlebensstrategie eine Art Lethargie zu eigen gemacht. Sie kämpfen um das eigene Leben und maximal noch um den Fortbestand ihrer Gem (örtlichen Gemeinschaft). Weiterlesen

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Vernon Lee: Unsere Liebe Frau der Sieben Dolche (1927)

Der Originaltext zu „The Virgin of the Seven Daggers“ erschien 1927 in London. Autorin war Violet Paget, die sich in Anlehnung an den Namen ihres Halbbruders Vernon Lee nannte.

Das Werk wie die Autorin eckten im prüden England jener Zeit an. Violet Paget war zudem eine Frau, die entschieden für Pazifismus und Feminismus eintrat.

Zentrales Thema der Erzählung ist die Konkurrenz zwischen der Muttergottes und den Herzensdamen eines Adligen, eines Lebemannes. Zu der damaligen Zeit ein unerhörter Gedanke, zugleich ketzerisch wie empörend.

Die Erzählung spielt in der Domstadt Granada in Spanien. Die beginnt mit einer bildhaften Beschreibung der titelgebenden Kirche Unserer Lieben Frau von den Sieben Dolchen. Protagonist ist Don Juan Guzmán del Pulgar, Graf von Miramor. Der Bezug zu Don Juan ist hier im Namen überdeutlich verankert. Weiterlesen

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Christoph Krachten: Per Aufzug in den Weltraum

Würden Sie zu den ersten Menschen gehören, die mit einem Aufzug in den Weltraum reisen würden? Vielleicht zum Mond oder gleich zur Kolonie auf den Mars? Utopisch, meinen Sie? Dann sollten Sie Christoph Krachten „Per Aufzug in den Weltraum“ lesen.

Christoph Krachten, vielen bekannt als Produzent, Journalist und Netzwerker, erfindet mit seinem Sachbuch zur Gegenwart und Zukunft sicher nichts gravierend Neues. Dafür stellt er Erkenntnisse der Wissenschaft, der Wirtschaft und Raumfahrt zusammen und interpretiert sie auf kluge, unterhaltsame Art und Weise.

Tatsache ist: Die Zukunft hat bereits begonnen. Mit dem Anfangssatz „Die Welt ist anders, als wir denken“, wird zugleich ein Blick auf die Gegenwart geworfen. Der Leser beginnt eine Expedition in Gegenwart und nahe Zukunft. Ein schöner Anfang, der zugleich neugierig macht und den Autor auffordert, seine These alsbald mit Fakten zu unterlegen.

Das wiederum gelingt Krachten durch intelligente Beweisführung, die jedoch weit davon entfernt ist, dem Leser etwas „zu erzählen“, sondern ihn mitnimmt, zum Mitdenken anregt und seine eigenen Schlüsse ziehen lässt. Weiterlesen

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Ellen Alpsten: Die Zarin

Der Titel führt den Leser auf die richtige Spur: Der Roman hat sich eine der großen Figuren der Weltgeschichte zum Thema gesucht: Katharina die I. Sie war nach dem Tod von Peter dem Großen für zwei Jahre die Kaiserin oder eben Zarin von Russland. Der Roman führt den Leser zu Beginn (leider in einem Prolog) an das Sterbebett des großen aber auch brutalen Zaren. Der Leser erlebt diese Situation und die gesamte Handlung des Buches aus der Ich-Perspektive Katharinas. Das Ableben des Zaren hinterlässt ein Macht-Vakuum in Sankt Petersburg des Jahres 1725. Katharina berät sich mit Fürst Menschikow, wie sie die Regierung des Zarenreiches in den eigenen Händen behalten kann.

Mit dem Ende des Prologs schlägt der Beginn des ersten Kapitels  eine zeitliche Rückblende und räumlichen Bogen zur jugendlichen Katharina irgendwo in Litauen. Der Leser, der sich gerade auf die eingangs genannte Situation eingelassen hat, darf sich neu orientieren.

Die Autorin erzählt die Geschichte dieser beeindruckenden Frau auf der Grundlage geschichtlicher Daten. Katharina wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Damals hieß sie noch Martha. Später heiratet sie einen schwedischen Soldaten und wurde nach dem Tod ihres Mannes mit dem Fürst Menschikow bekannt. Weiterlesen

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Dr. Chris Napier: Lauftraining: Die Anatomie verstehen

Statistiken belegen: Rund 22 Millionen Menschen verbringen wenigstens ab und an ihre Freizeit mit dem Laufen. Ich gehöre auch zu ihnen. Das Laufen ist für mich ein wichtiger Ausgleich für meine eher im Sitzen stattfindende berufliche Beschäftigung. Ich liebe das Laufen, weil es ohne große Umstände durchzuführen ist, weil es mich in die Natur bringt und es meiner Gesundheit zuträglich ist.

„Lauftraining“ von Dr. Napier hat den Anspruch, dem Leser einen anatomischen Rundumblick auf das Laufen zu vermitteln. Tatsächlich ist dies jedoch nur ein Aspekt, den das Buch leistet. Es stellt zudem die Diskussion der Vor- und Nachteile von Laufen auf eine wissenschaftliche, faktenbasierte Ebene. Auf diesem Niveau lässt sich bekanntlich am besten argumentieren.

Am Anfang begrüßt den Leser ein Zitat: „Regelmäßiges Laufen kann viele Gesundheitsvorteile bringen, die unsere Lebensqualität verbessern.“ Für mich ist dieser Satz die entscheidende Charakterisierung des vorliegenden Sachbuchs. Anders ausgedrückt, vermittelt „Lauftraining“ dem Interessierten das Wissen, das ihn befähigt, das Laufen gezielt für die Gesundheitsförderung einzusetzen. Wie es sich für ein Sachbuch von Rang ziemt, ist es in thematisch zusammengehörende Kapitel eingeteilt. Diese heißen: Laufanatomie, Verletzungsprävention, Kraftübungen und Gezieltes Training. Die beiden Letzteren belegen, dass der Autor sich nicht auf die Theorie beschränken will. Dr. Napier soll eine Marathon-Bestzeit von 2:33 Stunden aufweisen. Weiterlesen

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Erin Niimi Longhurst: Ikigai – Die Kunst, zufrieden zu sein

Ikigai stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie Lebenssinn. Diesen zu finden und ihm nachzugehen, kann zufrieden mache

n. Für diese Erkenntnis benötigt man kein Buch. Die Autorin will uns wohl auch deshalb mehr mit dem vorliegenden Band vermitteln.

Das Buch startet leidigerweise mit einer Einführung über elf Seiten. Diese Seiten beschäftigt sich vornehmlich mit der Autorin und ihren Weg zum ikigai. So sympathisch sie zu sein scheint, diese Passage gehört, wenn überhaupt, ans Ende des Buches. Ich möchte gleich auf Seite 1 damit starten, einen neuen Blick auf mein Leben zu werfen und es reicher und vollkommener zu machen. Denn dies, so verspricht die Einführung vor der Einführung ist das Ziel des Buches.

Auf knapp 280 Seiten erfahren wir sehr reichlich über die traditionelle japanische Lebensweise. Zum Beispiel, dass die Bewohner dieses Landes zu den Menschen gehören, die am längsten leben. Und dies, obgleich bekanntermaßen ihre Work-Life-Balance zu einer der schlechtesten weltweit gehört. Wo liegt das Geheimnis? Weiterlesen

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