Mina König: Mademoiselle Oppenheim

Erst achtzehn Jahre alt ist Meret Oppenheim, als sie das Elternhaus in Deutschland und die geliebte Großmutter in der Schweiz verlässt, um nach Paris zu ziehen. Ihr Ziel: der große Durchbruch als weltbekannte Künstlerin. Anfänglich besucht sie Kurse an der Kunstakademie, tut dies aber nur, um die Sorgen ihrer Eltern zu beschwichtigen. Denn diese verstehen ihren Drang zur abstrakten modernen Kunst nicht und halten sie für ausgemachte Zeitverschwendung. Als Meret dann auch noch zustimmt, für ein Projekt Aktmodell des berühmten Fotografen Man Ray zu sein, verliert sie jegliche Unterstützung. Ihr Vater empfiehlt ihr, eine Irrenanstalt aufzusuchen und Meret bricht als Antwort jeglichen Kontakt ab. Das Schlimmste hieran ist nicht nur, dass die freie Entfaltung ihrer Kunst hinter das Geldverdienen treten muss, sondern auch, dass Meret im Unwissen bleibt, wie es ihrer Familie geht. Nur in den Nachrichten erfährt sie von der erschreckenden politischen Lage in ihrem Heimatland und von der Gefahr, der ihre Eltern und ihre Geschwister mit jüdischen Wurzeln ausgesetzt sind.

Eine Ablenkung von ihren Existenzängsten und den Sorgen bietet Max Ernst, der bekannte Künstler, in den sie sich verliebt und mit dem sie eine Affäre eingeht. Schon bald aber muss sie feststellen, dass ihre Inspiration nachlässt: Neben Max ist kein Raum für sie in ihrem eigenen Atelier; neben Max ist sie die schöne Frau an der Seite des Künstlers. Kann man Muse und Künstlerin gleichzeitig sein? Meret muss entscheiden, welchen Weg sie gehen will: Einsame Freiheit oder verliebt im Käfig.

Dieses Buch hat mich wirklich begeistert! Die Feinfühlige Art, mit der die Autorin historische Fakten mit Fiktion verflicht, reißt den Leser mit in das Leben dieser großartigen Frau. Natürlich können wir nicht wissen, was genau Meret Oppenheim gedacht hat. Aber aus Briefen, Tagebüchern und Kunstwerken hat Mina König eine schillernde, vielseitige Welt gewebt, durch die man sich der Künstlerin umso verbundener fühlt. Es war wahnsinnig spannend, beim Lesen einige der Werke und Figuren zu googeln und dann erfreut zu sein, dass diese wirklich existieren und überrascht, wie ein einzelnes Foto die Autorin zu einem ganzen Kapitel inspiriert hat. „Mademoiselle Oppenheim“ bietet eine wunderbar unterhaltsame Möglichkeit, einer der beeindruckensten Frauen der Kunstgeschichte näher zu kommen und soll hiermit wärmstens empfohlen werden!

Mina König: Mademoiselle Oppenheim: Sie liebte das Leben und erfand die moderne Kunst.
Heyne, August 2022.
512 Seiten, Taschenbuch, 13,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Isabella M. Banger.

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