James Abbott: Höllenkönig

Die Sonnenkohorte des Königs war legendär. Nur sechs Krieger umfasst die Eliteeinheit, aber was für ehrenhafte Kämpfer sammelten sich dort. Mit magischen Klingen ausgestattet, konnten sie ganze Heere besiegen, brachten den Unterdrückten, den Verzweifelten und Geknechteten Hoffnung, Freiheit und Frieden. Dann griffen sie versehentlich eigene Truppen an, das Gemetzel führte dazu, dass fünf von ihnen am Strick baumelten, ihr Anführer, der gefeierte Xavir Argentum, der eigentlich der nächste König werden sollte, wurde in das dunkelste Verlies geworfen, das sich finden ließ – die Höllenfeste bekam einen weiteren Häftling. Fünf Jahre sind seitdem vergangen, Xavir hat seine Strafe längst angenommen und als gerechtfertigt erkannt, hat sich in dem auf einem kargen, ewig kalten Berggipfel gelegenen Gefängnis einen Namen gemacht – hier kennt man ihn einzig als Höllenkönig. Dann wird er von seiner Vergangenheit eingeholt. Der einstige Meisterspion des Königs schleicht sich auf der Höllenfeste ein und bringt Nachrichten, schlechte Nachrichten.

Es rumort im Land. Der neue König, ein Intrigant sondergleichen, verfolgt die Gläubiger der unterschiedlichsten Religionen mit unnachgiebigem Hass, unterwirft und brandschatzt Grenzdörfer und dehnt seinen Einflussbereich immer weiter aus. Gerüchteweise hat er gar Söldner einer fremden Macht angeworben. Dies alles könnte den Höllenfürsten nicht aus seiner Lethargie reißen, doch dann erfährt er, dass der Angriff der Sonnenkohorte auf die eigenen Leute eine Intrige war, um seine Kameraden, ihn und den König aus dem Weg zu räumen. Zusammen mit einigen Mithäftlingen bricht Xavir aus, sammelt alte Verbündete wie die Wolfskönigin und einige renegate Hexen um sich und beginnt Rache zu nehmen – bis er feststellen muss, dass der König seine Untertanen an die Voldirik verraten und verkauft hat …

Das Erste, das dem Interessierten auffällt, ist das von Max Meinzold geschaffene, wunderbar treffend und neugierig machende Titelbild. Selten habe ich ein Cover gesehen, das den Inhalt zum Einen so treffend wiedergibt, aber dies, ohne zu viel zu verraten, sondern den Leser nur neugierig macht, was der Text wohl bereit hält.

Inhaltlich bewegen wir uns fernab der Völker- oder High-Fantasy. Hier erwartet den Rezipienten ein deutlich düsterer Ansatz, eine Welt, in der gelitten und gestorben, missbraucht und gefoltert wird – sprich wir sind realistisch und überzeugend unterwegs. Dark Fantasy nennt man diese Spielart, die in den letzten Jahren glücklicherweise wieder zunehmend in den Fokus der Leser gerät.

Abbott stellt uns eine mittelalterliche Welt vor, in der es Magie – von Hexen mittels magischen Steinen ausgeübt -, Königreiche mit Festungen und Söldnern und diverse Völker gibt. Überraschenderweise lebten sowohl die Völker – wie zum Beispiel die geflügelten Akero – als auch die Gläubigen der unterschiedlichen Religionen friedlich Seite an Seite im Reich. Eigentlich sollte ich hier zutreffenderweise eher die Vergangenheitsform benutzen, bricht der intrigante König, der nur durch Verrat an die Macht gelangt ist, doch gerade einen religiösen Zwist vom Zaun. Was zunächst, vom Spion meisterhaft inszeniert, als relativ simpler Rachefeldzug begann, das entwickelt sich nur zu bald zu einem Feldzug, in dem es um Religionsfreiheit, um Selbstbestimmung und um die Verteidigung gegen eine Invasion von Fremdwesen geht.

Zunächst stellt uns Abbott dabei seine Figuren vor. Als eingekerkerte Häftlinge sollte man nun annehmen, dass uns der Abschaum der Gesellschaft erwarten würde – doch weit gefehlt. In das besondere – heute würde man sagen politische – Gefängnis wurden hauptsächlich Personen geworfen, die im Reich einen gewissen Namen hatten, oder über Beziehungen verfügten. So treffen wir in der Folgezeit auf Menschen, die integer agieren, die ihre Ehre hochhalten und die als Protagonisten auf der Seite des Rechts in den Kampf ziehen. Entsprechend wandelt sich der Konflikt auch von einem Rachefeldzug zu einer Verteidigung der inneren Werte des Reiches gegen den von ganz oben begangenen Verrat.

Dies heißt aber beileibe nicht, dass der Freund von Kämpfen und Schlachten etwa leer ausgehen würde. Ganz im Gegenteil, sind die Gefechte das Salz in der Suppe des Buches. Fasziniert verfolgen wir die kriegerischen Auseinandersetzungen mit, erschaudern ob der Brutalität mit der Gliedmaßen abgeschlagen, Köpfe aufgespießt und Leiber aufgerissen werden. Hinzu kommt die von dem Hexenorden ausgeübte, ganz eigene Magie, die Fremdvölker und die Dynamik, mit der unsere Heldentruppe zusammenwächst. Das liest sich faszinierend, ebenso tempo- wie actionreich und lässt den Leser im Finale befriedigt, von der Wucht der Kämpfe fast schon erschlagen zurück.

James Abbott: Höllenkönig.
Penhaligon, April 2018.
608 Seiten, Taschenbuch, 16,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Carsten Kuhr.

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