Hervé Le Tellier: All die glücklichen Familien

Der 1957 geborene französische Autor Hervé Le Tellier widmet sich in seinem neuen Buch „All die glücklichen Familien“ seiner Verwandtschaft. Auf dem Cover steht zwar „Roman“, aber eigentlich handelt es sich um eine Autobiographie, die sich kritisch vor allem mit seiner Mutter Marceline, seinem Stiefvater Guy und seinem leiblichen Vater Serge auseinandersetzt. Schon ein Buchzitat auf der Rückseite des Covers weist auf diese Stoßrichtung hin: „Mir war schon immer klar, dass meine Mutter verrückt ist.“

Besagte Mutter wird dabei als durchgeknallt, bösartig und lieblos beschrieben, der Stiefvater als geizig und blass, der Vater als Fremdgeher. Viele andere Figuren wie eine Halbschwester, die Großeltern, Onkel und Tanten kommen vor (und kriegen ebenfalls ihr Fett weg), so dass man als Leser ein wenig aufpassen muss, um den Überblick zu behalten. Ein Stammbaum am Anfang erweist sich als hilfreich.

Die hohe Kunst des Autors liegt darin, den Text trotz des schweren Themas locker, leicht, voller Gefühl und Humor zu halten. Er gleitet niemals in Hass- oder Wuttiraden ab – etwas, das bei dem Thema wohl naheliegend gewesen wäre. Emotional besonders berührend ist ein Kapitel, in dem es um den Selbstmord einer Geliebten geht. Lesenswert!

Hervé Le Tellier: All die glücklichen Familien.
dtv, Oktober 2018.
192 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.

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