Emma Heatherington: Zehn Wünsche bis zum Horizont

Maggie O’Hara bekam vor siebzehn Jahren ein Herz geschenkt. Kein Liebesbriefherz, keine Herzohrstecker – sondern das Herz, das in ihrer Brust schlägt. Einst gehörte es der vierzehnjährigen Lucy Harte, nach deren Tod erhielt es Maggie als Organspende. An jedem Jahrestag ihres Herzgeburtstags hält Maggie Zwiesprache mit Lucy, dankt ihr und erzählt, was in ihrem Leben los ist. Im Moment läuft es nicht besonders: Ihr Ehemann hat sie ziemlich bald nach der Hochzeit für eine andere verlassen, mit der er ein Kind erwartet, Maggie versinkt in Selbstmitleid und Alkohol, verliert beinahe den Job. Zu ihrem Bruder hat sie keinen Kontakt mehr, die Eltern machen sich Sorgen um sie.

Unerwartet bekommt sie einen Brief. Simon, Lucy Hartes Bruder, hat Maggie gefunden und möchte sie kennenlernen. Endlich, endlich hat Maggie die Chance, sich bei der Familie der Herzspenderin zu bedanken und ihre Schuldgefühle zu besiegen! Sie fühlt sich schuldig, denn sie kann nur leben, weil Lucy gestorben ist.

Zu Simon verspürt sie schnell eine besondere, geschwisterliche Verbindung. Er hat eine Überraschung für sie: Eine Keksdose, in welcher Lucy Fotos, Erinnerungsstücke und ein Tagebuch aufbewahrt hat. Maggie lernt Lucy als fröhliches, kluges und gewitztes Mädchen mit besonderen Gedanken kennen. Lucy hatte sich viel vorgenommen und konnte ihre Träume nicht mehr verwirklichen. Auf ihrer To-do-Liste stehen zehn Dinge, die Lucy als Erwachsene tun wollte. Maggie nimmt sich auf Simons Bitte hin widerstrebend der Wünsche an und wird durch Lucy ein zweites Mal in ein neues Leben geführt.

Die Idee, Figuren durch die Abarbeitung von Wunschlisten anderer zu Romanhelden zu machen, ist nicht neu. Und Maggie ist mit ihrer alkoholgetränkten Wehleidigkeit, dem Liebeskummer und ihrem Starrkopf ziemlich anstrengend. Alle Leute, mit denen sie zu tun hat, sind verständnisvoll, nett und hilfsbereit, für jedes Problem gibt es eine Lösung, alles fügt sich wunderbar zusammen – also eigentlich keine sehr spannende Lektüre. Dank der flapsigen Kommentare von Ich-Erzählerin Maggie zum Geschehen habe ich mich an einigen Stellen amüsiert und den Roman gerne gelesen. Genau das richtige Buch für den Urlaub, eine leichte Gute-Laune-Sommerlektüre darüber, was das Leben lebenswert macht, dachte ich – bis kurz vor dem Ende. Das kam für mich überraschend und doch irgendwie erwartet. Leichtigkeit und gute Laune blieben bei mir trotzdem bis zum Schluss, dazu ein Anlass zum Nachdenken: Organspende. Über dieses schwierige Thema in solch lockerem Ton zu lesen, könnte den einen oder die andere dazu inspirieren, sich mit der Möglichkeit einer Organspende auseinanderzusetzen und sich eventuell einen Spenderausweis zuzulegen. Wenn das gelingt, hat die Autorin vieles richtig gemacht.

Emma Heatherington: Zehn Wünsche bis zum Horizont.
HarperCollins, November 2017.
400 Seiten, Taschenbuch, 14,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Ines Niederschuh.

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