Chloe Benjamin: Die Unsterblichen

New York, 1969: Die vier Geschwister Varya (13), Daniel (11), Klara (9) und Simo (7) haben einen Sommer voller Abenteuer vor sich. Es geht das Gerücht, dass eine seltsame Frau in einer Wohnung das Schicksal, sogar den Todestag eines jeden, der vor sie tritt, voraussagen kann. Die vier Kinder ahnen nicht, welchen Stein sie mit ihrem Besuch bei der Frau ins Rollen setzen. Vor allem Simon ist danach wie ausgewechselt und wütend. Was hat die Frau ihm prophezeit? Warum läuft er, als Klara einige Jahre später ausziehen will, um in den Westen zu gehen, gegen alle Regeln auf und folgt ihr, obwohl er noch minderjährig ist?

Chloe Benjamin folgt in ihrer Geschichte den vier jungen Menschen, die sie gleich am Anfang vorstellt. Zuerst ist Simon dran, der sich gegen alles und jeden auflehnt, nur um er selbst zu sein. Dann Klara, die ihren Traum wahr machen möchte und Zauberin werden will.  Schließlich Daniel, der auf sein Leben zurückblickt und viele Fragen hat. Und dann Varya, voller Schuldgefühle und Geheimnisse. Alle vier Personen lernt man im Verlauf des Romans näher kennen. Drei von ihnen sind dabei glanzvoll umsetzt, spannend mit aufreibenden Themen und Fragen, nur Varya bleibt irgendwie auf der Strecke. Sie bildet das Ende des Romans und ich hatte genau da etwas mehr erwartet, als dann gekommen ist.

Denn die Gesamtsituation ist überaus interessant: Die alte Frau in New York prophezeit Simon einen sehr frühen Tod an einem Tag Anfang der 1980er Jahre. Und Simon stirbt. Früh. Genau an dem Tag, den die Frau ihm gesagt hat. Doch das weiß nur Klara. Und ihr Todestag ist auch nicht mehr lang hin. Chloe Benjamin wirft Fragen über das Schicksal auf, mit denen sie dreimal bravourös umgeht. Die Geschichten von Simon, Klara und Daniel sprühen vor Leben und bleiben in Erinnerung, auch wegen ihres Todes. Nur Varya bleibt etwas blass und sorgt mit dem letzten Viertel des Romans dafür, dass „Die Unsterblichen“ nicht zu meinem Jahreshighlight wird. Aber der Roman ist nah dran, ganz nah dran. Die Geschichte hat etwas Faszinierendes und man kann sich ihr kaum entziehen. Was wäre, wenn man selbst zu dieser Frau könnte? Was würde man mit der Information um seinen eigenen Todestag anfangen? Würde man anders leben, als bisher? All diese Fragen muss man während des Lesens immer wieder in sich bewegen.

Großartige Lektüre, nur im letzten Viertel etwas schwach. Da hätte man dann mehr draus machen können. Ansonsten ganz toll!

Chloe Benjamin: Die Unsterblichen.
btb, Oktober 2018.
480 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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