Nachdem in diesem Jahr mit „Jenseits der Erwartungen“ bereits ein großer Roman des amerikanischen Schriftstellers Richard Russo erschienen ist, lässt der Dumont-Verlag nun noch ein schmales Bändchen unter dem Titel „Sh*tshow“ aus seiner Feder folgen. Der Text darin ist kein Roman, sondern eher eine Erzählung.
Darin geht‘s um drei Paare, deren Leben sich nach der Wahl Trumps zum US-Präsidenten verändert. Gegenseitiges Misstrauen kommt auf (haben wirklich alle Freunde für Hillary gestimmt?), und die Ehe von David und Ellie scheint zu zerbrechen, nachdem Ellie im Whirpool menschliche Fäkalien gefunden hat. Nach weiteren Funden dieser Art wird sie fast paranoid und weigert sich, weiterhin im gemeinsamen Haus zu leben.
Richard Russo, der bekannt ist für seine groß angelegten psychologisch aufs Genaueste nachgespürten Gesellschaftsepen, geht hier vergleichsweise sparsam zu Werke. Seine Figuren charakterisiert er nur kurz, weil ihm diesmal die Aussage, die hinter dieser Parabel steckt, wichtiger ist als die Psychologie: Ein von Fäkalien beschmutztes Haus ist wie ein Land, in dem jemand wie Donald Trump Präsident werden kann. In beidem möchten und können nicht alle unbeschwert weiterleben.
Auch wenn die Prise an schwarzem Humor, mit der dieser Text geschrieben ist, durchaus erkennbar und wohltuend ist, dürfte die dauerhafte Beschäftigung mit Fäkalien in diesem Buch nicht jedermanns Sache sein, denn nach dem Pool-Fund ist in dieser Angelegenheit noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Mit einem solchen Ausflug ins Politische steht Richard Russo unter den großen Schriftstellern in diesem Jahr nicht allein dar. Auch sein britischer Kollege Ian McEwan hat bereits unter dem Titel „Die Kalerlake“ ein schmales Bändchen vorgelegt, in dem er den britischen Premierminister mit Ungeziefer vergleicht.
Russo-Neulingen sei hiermit eher eines der älteren Werke des Pullitzer-Preisträgers empfohlen – „Ein Mann der Tat“ zum Beispiel oder „Diese gottverdammten Träume“.
Richard Russo: Sh*tshow: Erzählung.
DuMont Buchverlag, Juli 2020.
80 Seiten, Gebundene Ausgabe, 10,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.