In einer Version der Zukunft leben die letzten Menschen in einem alten Silo. Es muss ein riesiges Silo sein, denn es hat sich eine Gesellschaft herausgebildet mit Oberschicht und Unterschicht und Strafrecht. Die Hauptbestrafung besteht in der Säuberung der vor dem Silo stehenden Linse, die Bilder von der Landschaft rundherum ermöglicht. Die Strafe besteht darin, dass niemand diese Arbeit überlebt, denn die Welt ist verseucht und lebensfeindlich. Trotz Schutzanzug schafft ein Mensch es gerade bis zur Linse zu kommen, sie zu reinigen, dann reicht der Schutz nicht mehr aus und der Mensch stirbt. Es gibt keinen Weg in die verführerisch friedlich daliegende Umgegend und es gibt auch keinen Grund, über die Berge zu gehen, denn sie sind die letzten Menschen – bereits seit Generationen.
Es gibt eine Elite, die größte Angst ist die vor einer erneuten Revolution. Einer Revolu-tion, wie sie alle paar Generationen zwangsläufig zu erfolgen scheint und die drastische Bestrafung dient auch der Verhinderung von aufsässigen Gedanken. Eines Tages trifft es den Sicherheitschefs des Silos. Schon seine Frau musste hinaus und jetzt er. Das Buch beginnt mit seinem Weg hinaus zur Linse und folgt dabei jedem seiner Gedanken. Das ist eine Herausforderung für jedes Buch und jeden Leser. Man weiß noch nicht wann und wo man sich befindet, kennt noch keinen der Beteiligten und kaum hat man sich an den erste gewöhnt, ist er auch schon wieder tot. Der Autor schafft es jedoch, den Zuhörer immer wieder mitzunehmen und nicht zu verlieren, weil jeder neue Protagonist sehr viel mit dem Vorgänger zu tun hat.
Bis wir bei Jule landen. Sie kommt von ganz unten, von den Mechanikern, vom Boden des Silos. Aber etwas steckt in ihr. Etwas, das nur die Bürgermeisterin erkennen kann und weswegen sie Juliette zum neuen Sheriff macht – gegen den Wunsch der Elite. Die Bürgermeisterin muss dafür bezahlen sich gegen die Elite gestellt zu haben, aber dafür gelingt Jule etwas, das noch nie jemand geschafft hat – seit vielen Generationen nicht – die Wahrheit zu finden.
„Silo“ ist nicht einfach eine Zukunftsgeschichte. Howey stellt Fragen über menschliches und gesellschaftliches Handeln in Extremsituationen und bei drastischen Veränderungen. Was braucht es, um eine Gesellschaft zu unterdrücken, was braucht es, um eine Revolution auszulösen und wie wird die Gruppe reagieren, wenn alles, wirklich alles plötzlich infrage gestellt wird? Ist eine Veränderung überhaupt möglich oder überwiegt die Angst? Dabei löst der Autor das sowohl erzählerisch als auch stilistisch. Wenn wir den Gedanken des ersten Sheriffs Holston auf seinem Weg in den Tod folgen, wenn der Autor uns einen Protagonisten detailliert inklusive Vergangenheit vorstellt und dann ohne jede Hemmung sterben, lässt, dann wissen wir, was auf uns zukommt. Holstons Wiedervereinigung mit seiner Frau im Tod ist ein Symbol für eine neue mögliche Vereinigung und ein Zeichen dafür, was die Menschen des Silos noch erwartet.
Dabei sind die Vorgehensweisen gar nicht so weit weg von dem was wir heute kennen und das macht diese Dystopie so eindringlich.
Gelesen wird „Silo“ von Peter Bieriner, der es fertigbringt sowohl die männlichen als auch die weiblichen Protagonisten dem Hörer nahe zu bringen und dessen fast spröde Stimme die Schrecklichkeit der Dystopie in den Raum trägt.
Hugh Howey: Silo, gelesen von Peter Bieringer.
Ostwold Audio, März 2014.
8 CDs, 24,99 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Regina Lindemann.