Mit den beiden Autoren widmen sich zwei ausgewiesene Fachleute einem komplexen, für viele bereits unüberschaubarem Genre, bei dem bereits die begriffliche Abgrenzung durchaus schwierig und oft umstritten ist. Mendlesohn und James legen hier tatsächlich einen knappen Abriss vor, der aber nicht nur als Einstieg für den interessierten Fantasy-Leser, der ein bisschen mehr von der unglaublich vielfältigen Phantastischen Literatur wissen und verstehen möchte, dient, sondern darüber hinaus auch dem profilierteren Kenner noch viel zu bieten hat.
Bei ihrer Darstellung (ursprünglich 2012 erschienen) gehen sie einerseits streng chronologisch vor; sie beginnen mit den tatsächlichen Wurzeln der Fantasyliteratur, wie z.B. dem Alexanderroman aus dem 3. Jahrhundert vor Christus oder den Märchen aus Tausendundeine Nacht, und enden circa im Jahr 2010. Dazwischen gibt es zwei Kapitel, die sich den vielleicht prägendsten Autoren etwas genauer widmen: Das sind natürlich einerseits die Ahnherren der modernen Fantasy J.R.R. Tolkien („Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“) und C.S. Lewis („Die Chroniken von Narnia“) und andererseits die populärsten Vertreter seit den 1980er Jahren: Terry Pratchett mit seinen „Scheibenwelt“-Romanen, J.K. Rowling (7 Bände „Harry Potter“) und Philip Pullman („His Dark Materials“-Trilogie). Die Autoren vermitteln dem Leser auf gut 250 Seiten nicht nur einen guten Überblick und damit ein erstes Raster über das Genre, sie halten dankenswerter Weise auch nicht mit ihrem eigenen Urteil hinterm Berg. So erklären sie zum Beispiel den „Harry Potter“-Bucherfolg, indem sie ihn in seinen Kontext setzen, verschweigen dabei aber nicht, dass sie sowohl Pratchett als auch Pullman literarisch höher schätzen – was eingefleischte Harry-Potter-Fans vielleicht nicht immer werden nachvollziehen können.
Eine große Freude ist der über 50 Seiten umfassende Anhang: Darin finden sich nicht nur chronologisch geordnet die wichtigsten Autoren und ihre Werke, sondern auch die einflussreichsten Filme, Kunstwerke und TV-Serien. Abgerundet wird das Ganze noch durch ein Glossar.
Inhaltlich bekommt man also viel geboten fürs Geld. Der Golkonda-Verlag sorgt darüber außerdem noch für eine sehr ansprechende Aufmachung. Dies ist ein wirklich schönes Buch, was man von literarischen Handbüchern in der Regel ja nicht immer sagen kann. So kann man also rundum eine klare Kaufempfehlung aussprechen: Ein Buch, das Gewinn bringt und bei dem es Spaß macht, wenn man es in die Hand nimmt.
Farah Mendlesohn & Edward James: Eine kurze Geschichte der Fantasy.
Golkonda Verlag, Dezember 2017.
334 Seiten, Taschenbuch, 24,90 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Corinna Griesbach.