Mit der „Vermessung der Welt“, „Ruhm“ und „F“ hat Daniel Kehlmann Romane geschrieben, die lange die Bestsellerlisten angeführt haben. Sein Buch „Kommt, Geister“ ist ein stilleres und nicht so massentaugliches Buch – eine Sammlung von Essays.
Fünf Vorlesungen, die er als Gast am Lehrstuhl für Poetik im vergangenen Jahr an der Frankfurter Goethe-Universität gehalten hat, hat der 40-jährige Schriftteller in dem Band zusammengefasst.
Mit dem Titel „Kommt, Geister“ ist auch die Verdrängung des Nationalsozialismus in der jungen Bundesrepublik gemeint, wenn Kehlmann in der ersten Vorlesung unter dem Titel „Illyrien“ einen Bogen spannt von Ingeborg Bachmann, der ersten Dozentin der Poetik-Vorlesungen 1959, bis zu Unterhaltungsshows von Peter Alexander und anderen Ereignissen in den ausklingenden 1950er-Jahren.
Brillant geschrieben sind diese Essays – rhetorisch ein Genuss zu lesen für die, die nicht das Vergnügen hatten, in Kehlmanns Hörsaal zu sitzen. Über Spinnen, Geister und Zombies bei Stephen King und in Tolkiens „Herr der Ringe“ schreibt Kehlmann, über die Hexenverfolgung bei Grimmelshausen und den „Sommernachtstraum“ von Shakespeare.
Oft belässt es Kehlmann aber bei Beschreibungen der Geisterwesen, liefert eine Bestandsaufnahme, die er nicht immer einordnet. Da hat er wohl sehr auf den Intellekt der Studierenden und jetzt seiner Leser vertraut.
Lust, die beschriebenen Werke zu lesen, macht das Buch auf jeden Fall. Den sehr ausführlich abgehandelten „Simplicissimus“ von Grimmelshausen holt man am liebsten sofort nach der Lektüre von Kehlmanns Essays aus dem Schrank.
Spannend ist in der letzten Vorlesung auch die Gegenüberstellung vom metaphysischen Autor Leo Perutz und Kurt Gödel, der an Gespenster glaubte, aber am Schluss Angst vor ihnen hatte. – Ebenso wie vor Gift, was dazu führte, dass er nichts mehr aß und starb.
Daniel Kehlmann: Kommt, Geister.
Rowohlt, März 2015.
176 Seiten, Taschenbuch, 19,95 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Julia Gaß.