Der jüdische Autor Aharon Appelfeld greift in seinem neuen Roman „Ein Mädchen nicht von dieser Welt“ dasselbe Thema auf wie in seinem vorigen Werk „Auf der Lichtung“ (2014): Menschen verstecken sich gegen Ende des Krieges vor den Nazis im Wald.
Appelfeld, mittlerweile 83 Jahre alt, hat selbst etwas Deratiges erlebt: Er versteckte sich im Krieg als Junge zeitweise in den ukrainischen Wäldern, nachdem seine Mutter getötet und er vom Vater getrennt worden war.
In seinem neuen nur 128 Seiten dünnen Büchlein werden zwei Jungs von ihren Müttern in die Wälder geschickt. Im Ghetto, wo sie zuvor untergebracht waren, erschien es ihnen nicht mehr sicher genug. Die Mütter versprechen, abends wiederzukommen, um die Jungs abzuholen. Aber als sie nicht auftauchen, sind die beiden Kinder auf sich allein gestellt.
Der Autor zeigt, wie die beiden Jungs sich nicht nur gegenseitig helfen, obwohl sie sich vorher nicht besonders mochten, wie ihnen das Überleben im Wald mit viel Geschick gelingt und wie sie ihre Hilfe sogar immer wieder auch anderen anbieten.
Insgesamt wirkt das gesamte Buch wenig realistisch. Es ist eher eine idealisierte – fast märchenhafte – Version eines solchen in der Realität für die Beteiligten sicher deutlich schlimmeren Abenteuers. Die Jungs im Buch streiten sich nie, geben andauernd schlaue Lebensweisheiten von sich, wie man sie sonst nur von Erwachsenen hört, und wissen auch in technischer Hinsicht stets, was zu tun ist. So können sie sich aus dem Handgelenk ein „Nest“ in einer Baumkrone bauen. Der Titel bezieht sich übrigens auf ein Mädchen, das die Jungs unterstützt und dem auch sie am Ende helfen.
Wie schon in „Auf der Lichtung“ neigt Appelfeld dazu, seinem Werk einen allzu dicken Schuss Mystik und Religiosität beizumischen. Der ständige, oft etwas schicksalergebene Hinweis auf Gott wirkt auf Dauer etwas zu dick aufgetragen.
Aharon Appelfeld: Ein Mädchen nicht von dieser Welt.
Rowohlt, August 2015.
128 Seiten, Gebundene Ausgabe, 18 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Andreas Schröter.