Linn Ullmann: Die Unruhigen

Hammars auf der Insel Farö ist der Ort, an dem Linn Ullmanns berühmter Vater Ingmar Bergman seinen Lebensabend bis zu seinem Tod 2007 verbrachte.  Die Autorin selbst verlebt in Hammars alljährlich ihre Ferien beim Vater, manchmal zusammen mit einigen ihrer neun Halbgeschwister. Linn ist das jüngste der Kinder. Mit vier Frauen war ihr Vater, der Regisseur Ingmar Bergman verheiratet gewesen, seine neun Kinder teilte er mit sechs Frauen.

Linn Ullmann wächst bei ihrer Mutter, der Schauspielerin Liv Ullmann auf. Es ist ein unstetes Leben, das der Beruf ihr abverlangt. Linn zieht mit mit der Mutter nach New York, Paris, Oslo. Hammars ist wie ein Ruhepol dagegen, obwohl es dort strenge Regeln, die der Vater aufstellt, zu beachten gilt.

Die Erinnerungen an ihre Kindheit bei der Mutter und hauptsächlich an die beim Vater in Hammars, zeigen unterschiedlichste Facetten der Künstlereltern auf. Im Schreibstil der Autorin spiegeln sich in der Vielschichtigkeit Nuancen ihres eigenen und des Lebens ihrer Eltern. Doch welchen Gehalt haben Erinnerungen an Menschen, deren ganzes Leben sich um Fiktionen und Geschichten, in denen sie ihre Rollen spielten, drehte? Linn Ullmann wirft die Frage nach dem Wahrheitsgehalt dieser Leben selbst auf.

Entstanden ist so ein imposantes Zeugnis aus Lebensbildern, die Stationen von Linn Ullmanns Kindheit bis ins Erwachsenenalter aufzeigen. Letztlich aber geht es in diesem Buch um das Leben des Vaters, um seine Eigenheiten, Gewohnheiten, Wahrnehmungen, seine große Liebe Ingrid Bergman, um sein Altwerden und seinen Umgang damit. Eben dieses Altwerden Ingmar Bergmans nimmt einen bedeutenden Teil des Buches ein. Ursprünglich war es ein gemeinsames Projekt, das Vater und Tochter auf den Weg bringen wollten. Doch sie haben zu spät mit den Aufzeichnungen begonnen. Ingmar Bergman befindet sich bereits in einer Altersphase, in der er vieles vergisst. So zeigt die Autorin Tonbandaufzeichnungen von Gesprächen, die sie mit dem Vater geführt hat, auf. Dialoge, Briefe, Tagebucheinträge wechseln ab. Das Ende erzählt vom Lebensende Ingmar Bergmans, dem Mann, der gern wie die anderen Männer, die auf Farö leben, „Farökauz“ genannt werden möchte. Längere Zeit vor seinem Tod arrangiert er seine Beerdigung, sucht sich seine späteren Sargträger aus und die Stelle, an der er einmal begraben sein möchte.

Dieses Buch ist so besonders wie die Menschen, um die es darin geht.

Linn Ullmann: Die Unruhigen.
Luchterhand Literaturverlag, Juni 2018.
416 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Annegret Glock.

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