Der Roman erinnert mich an die großen amerikanischen Gesellschaftsromane von John Updike oder Jonathan Frantzen. Sonja Heiss zerpflückt eine vermeintlich normale Familienstruktur, d.h., gutbürgerliche Mittelschicht, wo man vordergründig denkt, jau, kenn ich – so weit so gut! Doch nach und nach kommen die Abgründe. Alexander und Barbara als Großeltern, wie man sie nie selbst werden wollen würde!
Der angeschlagene Alexander und die depressive Barbara haben zwei Kinder, Hans und Masha, die dabei sind, ihre Träume und Sicherheiten zu zertrümmern, weil die Brüchigkeit ihrer Lebensläufe, eine relativ gelassen Art von Glück einfach nicht vorgesehen hat. Masha ist jetzt um die vierzig und verspürt den Kinderwunsch in sich, mit all den biologischen Uhren und Bremsen, an Haut, Sexualität und Seele. Hans, noch Partner in einer Anwaltskanzlei, hat zwar zwei Kinder mit Ellen, aber steht rein psychisch auf ganz dünnem Eis, in das er dann auch am Ende des Tages einbricht.
Selbst eine Psychoanalyse ist für ihn erst mal ein Beispiel für vermeintliche Überlegenheit, gegenüber der Therapeutin, mit der er eigentlich nur ins Bett will. Das ist ein Buch voller Familienkrisen, aber Sonja Heiss gelingt es mit Rimini, dich als Leser zu hinterfragen. Denn in all diesen Protagonisten, von den kreischenden Enkeln bis zu den Großeltern, schlummert auch ein Stück Selbsterkenntnis. So doof und banal sich das jetzt anhört: es ist „Als wär’s ein Stück von mir“ (sorry, Carl). Sehr guter, im positiven Sinne nervender Roman.
Sonja Heiss: Rimini.
Kiepenheuer&Witsch, August 2017.
400 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.
Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.