Cyril Dion: Tomorrow

„Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“, ist eigentlich ‚nur‘ das Buch zum gleichnamigen Film. Einem Film freilich, der 2016 in Frankreich als bester Dokumentarfilm mit dem César ausgezeichnet wurde.

Worum geht es? 2012 stößt der Autor und Filmemacher Cyril Dion zufällig auf einen Artikel mit dem erschreckenden Titel „Das Ende des Planeten im Jahr 2100?“. Trotz der etwas reißerisch anmutenden Formulierung liest er weiter. Es geht um „die drohende Vernichtung von Teilen des Lebens auf der Erde innerhalb weniger Jahrzehnte.“ Und, was das eigentlich wirklich Erschreckende ist: Die Nachricht stammt aus einer Studie, die von zweiundzwanzig Wissenschaftlern in der führenden naturwissenschaftlichen Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde. Sie basiert auf umfassenden Bestandsaufnahmen und Untersuchungen und bezieht alle wesentlichen Bereiche wie Klimawandel, Entwaldung, Bodenerosion, Artensterben oder Bevölkerungswachstum ein.

Die Nachricht wirkt auf ihn wie ein Schock: Renommierte Wissenschaftler sagen einen Zusammenbruch unserer Ökosysteme voraus. Und diesen erwarten sie nicht erst in ferner Zukunft, sondern sehr viel schneller.

Cyril Dion beschließt, der Sache nachzugehen und findet Unterstützung unter anderem in der Filmemacherin und Schauspielern Mélanie Laurent (Inglorious Basterds). Gemeinsam fahren sie an die Stanford University. Dort treffen sie Liz Hadley und Tony Barnosky, die die Studie geleitet haben. Die beiden erläutern ihnen die Probleme, die sie festgestellt haben und kommen schließlich auch auf den wesentlichen Punkt: Die Einflüsse der menschlichen Zivilisation führen zu so tiefgreifenden und umfassenden Veränderungen, dass für eine allmähliche Anpassung keine Zeit ist. Kurz: Wir steuern durch unser gedanken- und rücksichtsloses Handeln auf einen Punkt zu, der zu einem Kollaps führen und die Erde zu einem zumindest teilweise unbewohnbaren Planeten machen wird. – Unser Zeitfenster, etwas dagegen zu tun, liegt bei etwa 15 –20 Jahren. Danach ist es nach Meinung der beiden Wissenschaftler zu spät.

Nur noch 20 Jahre? Ein sehr kurzer Zeitraum, in dem die Menschheit handeln muss. Doch, was kann man tun? Gibt es Ideen? Gibt es bereits Menschen, die etwas unternehmen? Cyril Dion und sein Team beschließen, diesen Fragen nachzugehen. Die Antworten, die sie darauf gefunden haben, sind der eigentliche Inhalt des Buches.

In Detroit und Todmorden (einer Kleinstadt in England) erfahren sie, wie wir uns sinnvoll und nachhaltig ernähren können. Permakultur, regionaler Anbau und urbane Landwirtschaft sind hier Stichworte.

Sie befassen sich mit Initiativen, die die Möglichkeiten einer Energiewende und damit der Abkehr von fossilen Brennstoffen ermöglichen. So besuchen sie Kopenhagen, die erste CO2-neutrale Hauptstadt, San Francisco, wo bereits im Jahr 2014 80%(!) des Mülls kompostiert oder recycelt wurden. Sie fahren nach Island und nach La Réunion. Beide Inseln sind auf dem besten Weg durch Sonnenenergie, Erdwärme oder Wasserkraft energieautark zu werden.

Doch so großartig und Hoffnung machend alles klingt. Immer wieder stoßen sie auf ein und dieselbe Ursache aller Probleme: die Wirtschaft mit ihrem unablässigen Streben nach immer mehr Wachstum und ihrem Einfluss auf die Politik.

Doch auch hier finden sich Ansätze, wie etwa WIR: Die WIR-Bank befindet sich in Basel. Sie geht auf eine Initiative des Kaufmanns Silvio Gesell zurück, der im Krisenjahr 1929 zusammen mit anderen Unternehmern eine zinsfreie Komplementärwährung erfand: den WIR-Franken. Er zirkuliert nur im Netzwerk der Teilnehmer, kann ohne Verzinsung nicht zur Schaffung von Kapitalvermögen verwendet werden und dient so dem eigentlichen Zweck des Geldes: nämlich ein Tauschmittel zu sein.

Bis heute haben sich 60.000 mittelständische Unternehmen der WIR-Bank angeschlossen. Das sind mehr als 20% aller Unternehmen der Schweiz.

Cyril Dion und sein Team besuchen noch zahlreiche weitere Initiativen. Dabei erfahren sie auch einiges über Ideen zur Demokratie von morgen oder über Alternativen zu unseren üblichen Schulsystemen.

 

„Tormorrow“ ist ein Buch, das man gelesen haben sollte. Das Thema, das es behandelt, ist wichtig für uns alle. Denn es geht um die Erde, um unsere Umwelt, um uns und unser Leben und Überleben auf diesem Planeten.

Das Buch spricht eine Vielzahl von Problemen an. Doch gleichzeitig macht es Hoffnung. Hoffnung, die durch die Vielzahl und den unglaublichen Ideenreichtum der Menschen entsteht, die die Initiative ergriffen und sich entschlossen haben, neue Wege zu gehen.

So ist dieses Buch alles andere als eine frustrierende und ernüchternde Lektüre, sondern es macht Spaß und man stellt sich fast automatisch die Frage: ‚Und was kann ich tun?‘ – Bei der Antwort darauf hilft eine Liste von Projekten in Deutschland, die sich am Ende des Buches befindet.

Mein Fazit: Das Buch ist eine spannende und motivierende Lektüre, die durch die Schilderung der großartigen und ideenreichen Initiativen bisweilen so mitreißend ist, dass man vergisst, es mit einem Sachbuch zu tun zu haben.

Cyril Dion: Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen.
J. Kamphausen Mediengruppe, Februar 2017.
296 Seiten, Taschenbuch, 19,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Christian Rautmann.

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