Yrsa Sigurdardóttir: DNA

dnaYrsa Sigurdardóttir (Jahrgang 1963) ist Ingenieurin und Schriftstellerin. Sie lebt bei Reykjavik in Island. Zunächst schrieb sie in den 1990er Jahren Kinderbücher, 2006 erschien ihr erster Krimi in Deutschland unter dem Titel „Das letzte Ritual“.

Mit „DNA“  aus dem btb Verlag startet die Autorin nun eine Serie mit Kommissar Huldar von der Kriminalpolizei Reykjavik und der Psychologin Freya.

Der Prolog des Buches, datiert auf das Jahr 1987, führt ein in eine typische Situation der Kindeswohlgefährdung in der Jugendhilfe. Drei kleine Geschwisterkinder, zwei Jungen und ein Mädchen wurden in Obhut genommen und warten darauf, bei Pflegeeltern untergebracht zu werden. Die familiären Umstände, unter denen es zu einer Gefährdung der Kinder gekommen ist, werden nur angedeutet, müssen aber schwerwiegend sein. Die Experten streiten eine Weile darüber, ob eine Trennung der Geschwister ratsam ist und beschließen, dass das das Beste für die Kleinen ist.

Dann geht es im Jahre 2015 weiter mit einem brutalen Überfall auf eine junge Frau und Mutter von drei kleinen Kindern in ihrem eigenen Haus, während sich der Ehemann auf Reisen befindet. Die Frau wird gequält und getötet, ihre siebenjährige Tochter Margrét wird vom Täter unentdeckt Zeugin des Verbrechens und ist traumatisiert.

Kommissar Huldar von der Kriminalpolizei in Reykjavik übernimmt den Fall. Das Mädchen wird in ein Kinderhaus gebracht, um dort mit Hilfe von Psychologinnen verhört zu werden. Die Polizei verspricht sich von ihr Hinweise auf den Täter. Die Psychologin Freya versucht eine Beziehung zu Margrét herzustellen.

Bei Huldars erstem Besuch im Kinderhaus stellen er und Freya fest, dass sie sich von einem One-Night-Stand her kennen, bei dem Huldar unwahre Angaben über sich gemacht hatte. Nicht die besten Voraussetzungen für die weitere Zusammenarbeit.

Parallel zu den polizeilichen Ermittlungen und den psychologischen Untersuchungen empfängt der junge Amateurfunker Karl, der seit dem Tod der Mutter und dem Weggang seines Bruders Arnar nach Amerika allein lebt, merkwürdige Zahlenbotschaften über seinen Funkempfänger, die ihn zu gefährlichen Aktionen verleiten.

Dann geschieht ein zweiter, ebenfalls grauenvoller Mord an einer weiteren Frau, der aber in keinem Zusammenhang zu dem ersten Verbrechen zu stehen scheint.

Huldar, seine Kollegin Erla und sein Kollege Ríkhardur arbeiten rund um die Uhr, ohne wirklich weiter zu kommen. Dabei wird Huldar von seinem schlechten Gewissen geplagt, weil er eine kurze Affäre mit Ríkhardurs Frau Karlotta hatte und sich das Paar kurz darauf getrennt hat.

Da sich eine Gefahr für die einzige Zeugin Margrét nicht ausschließen lässt, nimmt Freya das Kind mit zu sich nach Hause. Das Verhältnis zwischen ihr und Huldar bleibt angespannt.

Karl, der Amateurfunker, entschlüsselt die Funkbotschaften, kommt dem Täter immer näher und bringt sich in Lebensgefahr. Bis Margrét den entscheidenden Hinweis zur Aufklärung der Verbrechen geben kann, gibt es einen Angriff auf Freya, stirbt eine weitere Person und gerät Karl selbst unter Verdacht. Am Ende schließt sich der Kreis um den Täter in einem spannenden Showdown und klärt sich der Zusammenhang zum Szenario im Prolog des Buches.

Yrsa Sigurdardóttir hat einen Thriller mit einem spannenden Aufhänger geschrieben.

Das Hin- und Herspringen zwischen den Erzählschauplätzen und Hauptfiguren (die sogenannten ‚cliffhanger‘) als dramaturgisches Muster, die grausigen Methoden des Täters und  das Verwirrspiel bei der Tätersuche geben der Geschichte die nötige Würze. Die Auflösung hält für den Lesenden eine Überraschung bereit. Das ist solide Schreibarbeit.

Die Figuren jedoch, allen voran Huldar und Freya, sind mir als Lesende zu eindimensional geraten, ihr Verhalten und ihre Beziehungen schwach gezeichnet.

Der Mittelteil der Geschichte ist spannungsarm, da wird  mir zu viel „vermasselt“ und „giftig geguckt“. Es fehlt mir an sprachlicher Raffinesse und guter Erzählkunst, wie man sie zum Beispiel bei Sigurdardóttirs isländischem Schriftstellerkollegen Arnaldur Indridason finden kann, dessen Krimis um Längen besser sind, als die vorliegende Geschichte.

Für eine Weiterführung in eine Serie mit den beiden Protagonisten müssen diese nach meinem Geschmack wesentlich mehr Tiefenschärfe, Charakter und Lebendigkeit gewinnen: was sind ihre besonderen Fähigkeiten in ihren Professionen, ihre Leidenschaften, was macht sie so interessant füreinander und für die Lesenden? Da reichen ein One-Night-Stand und eine ungewollte Beförderung nicht aus.

Mein Fazit zu Yrsa Sigurdadóttirs DNA: lesbar mit Luft nach oben.

Yrsa Sigurdadóttir: DNA.
btb, September 2016.
480 Seiten, Gebundene Ausgabe, 19,99 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Sabine Sürder.

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