Yokio Mishima: Bekenntnisse einer Maske (1949)

Kochan erzählt einem fiktiven Leser von seinen ersten 25 Lebensjahren in Tokyo. Dabei bricht er mit japanischen Tabus, in dem er völlig offen über sein wahres Ich spricht. Der junge Kochan geht damit natürlich ein enormes Risiko ein, das kaum größer sein könnte.

Als kleiner Junge stellt er recht schnell fest, wie sehr ihn junge Männer faszinieren. Muskulöse entblößte Oberkörper beleben seine Fantasie, während er stets seinen eigenen blassen, dünnen Körper verhüllt. Dabei hilft ihm seine Anfälligkeit für Krankheiten, die ihm den Sportunterricht und später den Militärdienst vom Leib hält. Auf der Zuschauerbank kann er die anderen ungestört beobachten.

Mit dem Einsetzen der Pubertät verliebt er sich zum ersten Mal und ist gleichzeitig irritiert, weil sich sein heimliches Schwärmen von dem der anderen Jungen abhebt. Er spürt schon sehr früh, dass seine Vorlieben verboten sind und er sie nur in seiner Fantasie ausleben darf. Für eine Weile hilft ihm die Maske der Normalität weiter, doch während des Zweiten Weltkriegs verliebt er sich in die Schwester seines besten Freundes. Seine rein platonische Liebe bringt sein Denken und Fühlen durcheinander. Er weckt Gefühle, die er in gleicher Weise nicht erwidern kann. Seine Maske der Normalität ist auf einmal gefährdet.

Yukio Mishima (1925 – 1970) gehört zu den wichtigsten japanischen Autoren des 20. Jahrhunderts, weil er mutig, inhaltlich und stilistisch Grenzen überschritt. Im Alter von 45 Jahren bat er seinen Liebhaber, den eigenen rituellen Selbstmord zu filmen und einen weiteren Freund, ihn kurz vor dem größten Schmerz zu köpfen. Auslöser für diesen medienwirksamen Akt war sein gescheiterter Putschversuch für die Wiedereinsetzung des japanischen Kaisers mit allen Machtbefugnissen.

Seine 1949 veröffentlichten Bekenntnisse in Gestalt eines Romans ähneln sehr stark einem geheimen Tagebuch, in dem Szenen ohne Jahr und Datum miteinander verbunden werden. Die Sehnsucht nach dem persönlichen Glück und ihr zwangsläufiges Scheitern aufgrund der strengen Regeln in der japanischen Gesellschaft machen aus dem gebildeten Erzähler Kochan einen tragischen Helden.

„… Doch ich fand keinen Weg, die mir angeborene Unsittlichkeit auszuprobieren. In diesem Land bot sich keine Gelegenheit, mein abnormales Begehren zu stillen, und sei es auch nur in abgemildeter Form.“ (S. 195)

Yukio Mishima: Bekenntnisse einer Maske.
Kein & Aber, November 2018.
224 Seiten, Gebundene Ausgabe, 20,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Janine Gimbel.

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