Veronika Bauer: Der Busführer

Adolf ist 46 Jahre alt, ledig, lebt bei seiner Mutter und dreht Tag für Tag dieselben Runden als Busführer. Freude findet er am Essen, beim Fahren sowie bei den Gesprächen mit seinem besten Freund, dem Bus-Bertl. Mit seinem Schicksal hat sich Adolf längst arrangiert, ebenso wie mit seinem Vornamen, der ihm sein ganzes Leben lang nur Ärger eingebracht hat. Es liegt wohl am Ratschlag seiner Mutter, dass Adolf längst keine Ambitionen mehr im Leben hegt: „Die Kunst ist, zu glauben, dass du willst, was du musst.“ (S. 34)

Adolfs eintöniges Leben findet ein unerwartetes Ende, als seine unerwiderte Jugendliebe Hanni eines Tages unverhofft zu ihm in den Bus steigt. Hanni hat eine gute Partie gemacht, wohnt mit Ehemann, zwei Kindern und SUV in einem großen Haus mit Pool. Der Kontakt zwischen den einstmals besten Freunden ist längst abgebrochen, denn die attraktive Hanni spielt nach Meinung seiner Mutter in einer anderen Liga. Doch plötzlich sucht Hanni die Nähe zu Adolf. Die beiden unternehmen Dinge zusammen, kommen sich auch körperlich näher. Was wohl ihr Ehemann davon hält? Gar nichts! Denn Hanni vertraut Adolf an, dass dieser stocksteif in ihrer Gefriertruhe liegt. Adolf ist geschockt. Derartiges ist in seinem immergleichen Alltag nicht vorgesehen. Hat Hanni ihn nur benutzt, damit er ihr bei der Beseitigung der Leiche hilft? Womöglich, um den Verdacht auf ihn zu lenken?

Bevor sich Adolf versieht, gerät er in einen Strudel unerwarteter Wendungen. Eine Polizistin mit Alkohol- und Männerproblemen ist ihm auf den Fersen. Plötzlich sieht sich der einsame Adolf mit der serbischen Mafia, einer geheimnisvollen Obdachlosen und der nicht minder geheimnisvollen Hanni konfrontiert. Während Mutter im Hintergrund grollt und schmollt. Denn der brave Bub tut nicht mehr, wie er soll. Während wir Adolf zu Beginn des Plots noch als tollpatschiges Muttersöhnchen kennenlernen, kommt nach und nach seine tragische Familiengeschichte ans Licht. Die Boshaftigkeit seines Vaters, die Tatenlosigkeit der Mutter, das Unglück der ganzen Familie, die nie gelernt hat, Probleme aktiv anzugehen.

Das Thema Aktionismus gehört zu den Kritikpunkten, die das Lesevergnügen etwas schmälern. Die Lethargie von Adolf wird bisweilen doch stark ausgereizt. Während des ganzen Plots verweilt der „Anti-Held“ überwiegend in Passivität, Handlungstreibende sind hauptsächlich Personen von außen – Nachbarn, Freunde, Fremde. Hier hätte es gutgetan, eine charakterliche Entwicklung stattfinden zu lassen, die von innen heraus stammt, anstatt von externen Impulsen angetrieben zu werden. Auch die Liebesgeschichte trägt teilweise toxische Züge, die jedoch als selbstverständlich gegeben sind.

Fazit: Die Grundstruktur des Plots ist gut, der (Anti-) Held eine tragisch-komische Figur von nebenan, auch der Humor trifft den richtigen Ton. Trotz ein paar Kritikpunkten darf man auf weitere Bücher der Debütromanautorin aus Krems gespannt sein.

Veronika Bauer: Der Busführer.
dtv, Mai 2022.
352 Seiten, Gebundene Ausgabe, 22,00 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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