Tim Gräsing: Aus der Hölle ans Licht: Zehn wilde Jahre mit dem BVB

lichtDer Titel hat schon was Religiöses. Könnte von den Zeugen Jehovas kommen oder sonst welchen religiösen Fundis. Irgendwie ist ja Fußball auch nix anderes. Ich bin zwar auch mitten im Geschehen und verfolge den BVB auch schon mein ganzes Leben, hab seit 30 Jahren eine Dauerkarte und pöhle selbst immer noch. Aber ich bin weder fanatisch noch Ultra oder sonst was. Ich guck einfach zu. Und ab und an fallen mir auch gute Bücher über Fußball in die Hände. Die sind rar gesät, genauso gibt es auch wenig gute Fußballlieder. Beim BVB ist es vor dem Spiel (natürlich außer „You’ll never walk alone“) nur zum Ohren zuhalten. Gute Bücher sind für mich zum Beispiel die von Ronald Reng „Robert Enke, Ein viel zu kurzes Leben“ oder „Der Traumhüter“; Tim Sparks „Eine Saison mit Verona“ oder Nick Hornby „Fever Pitch“. Und nun habe ich Tim Gräsings BVB „Übersicht“ der letzten zehn Jahre in der Hand (2005 – 2015). Besser noch, wir gehen vor dem Spiel in den gleichen Biergarten (hier „Rothe Erde“, jeder Fan hat eben seinen Lieblingsvorbereitungstreff) und gewinnen dem Leben außerhalb des Fußballs noch eine Menge ab. Gräsing erzählt von seinen Reisen, seinen Studienaufenthalten in der ganzen Welt und bei diesem globalen Erlebnishorizont fragt man sich natürlich, wo hat der Mann die Knete her. Also er klärt uns auf. Das Elternhaus liegt pekuniärweit über den eines BVB – Durchschnittsfans, denn alleine die endlosen An- und abreisen 600 KM aus Eisenhüttenstadt, (geht es noch weiter nach Osten?) und die Kurzfristigen Trips zu CL – Spielen oder mal eben mit dem Flieger vor irgendwoher. Naja, egal. Das fiel mir nur auf, kein Neid – denn das Buch ist wichtig und gut. Lässt nichts aus, was ein gut informierter Fan über die letzten zehn Jahre wissen muss. Und die hatten es in sich. Von dem Erfolg der Kloppära ist man ja auch ganz geblendet und man will von den bitteren Jahren, in der das Trio Niebaum, Meier und Sammer, den Verein in die Gosse gewirtschaftet haben, nichts mehr wissen. Und die Geschichte grade mal 10 Jahre her ist eigentlich unglaublich, denn der Verein hätte unter normalen Umständen in die Insolvenz gehen müssen! Zurückversetzt in die Oberliga, was auch immer. Und deshalb ist es wichtig, die Fakten aus der Zeit noch mal auf dem Tisch zu haben. Jubeln beim Gewinnen kann jeder. Aber mal wieder Namen ins Gedächtnis holen, das hat mir Riesenspaß gemacht. Und was waren das für Versuche mit Röber, Doll, Scala und van Marwijk bis irgendwann „Der Erlöser“ kam. (Jetzt sind wir wieder beim Religiösen) Aber das war eben nicht nur Klopp. Watzke, Rauball und zum Teil auch Zorc haben das Schiff, obwohl schon aufgesetzt und leck, wieder ins ruhige Fahrwasser bewegen können. Und das waren Jahre. Und ich war dabei, und Tim Gräsing war dabei. Vielleicht gehe ich beim ersten Heimspiel gegen MG mal mit einem Schild im Biergarten rum, da steht dann „Tim Gräsing bitte melden“ drauf. Und wenn er sich tatsächlich meldet, dann lass ich mir sein Buch signieren, es ist es nämlich absolut wert.

Tim Gräsing: Aus der Hölle ans Licht: Zehn wilde Jahre mit dem BVB.
Die Werkstatt, April 2015.
256 Seiten, Taschenbuch,12,90 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Fred Ape.

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