James Gould-Bourn: Pandatage, gelesen von Hendrik Duryn

Danny Maloony ist erst 28 Jahre alt, als seine Frau stirbt und er plötzlich mit dem gemeinsamen Sohn Will allein dasteht. Nicht nur das Leben stellt Danny fortan vor größere Herausforderungen, auch Will bringt ihn an seine Grenzen. Denn der Junge hat seit dem Tod der Mutter kein einziges Wort mehr gesprochen und Danny ist ratlos. Um letztlich wenigstens die ins Haus flatternden Rechnungen zu bezahlen, besorgt er sich ein Pandabären Kostüm und möchte als Tanzbär im Park auftreten. Doch Danny kann gar nicht tanzen. Auf dem Nachhauseweg trifft er schließlich (verkleidet) auf Will, der von einigen Schulkameraden schikaniert wird. Danny geht dazwischen und verscheucht die Jungs und da kommt tatsächlich ein Wort über Wills Lippen. „Danke.“ Nur ein kurzes Wort, das für Danny die Welt bedeutet. Doch darf er sich keinesfalls als Wills Vater offenbaren, denn Will glaubt, dass Danny weiterhin jeden Tag auf der Baustelle arbeiten geht.

James Gould-Bourn legt mit „Pandatage“ einen amüsanten, liebenswerten Roman vor. Viele Szenen sind urkomisch geschrieben, besonders Dannys Baustellenkollege Ivan sorgt für so manchen Lacher. Manchmal, aber wirklich nur manchmal wirkt der Humor etwas zu skurril und gewollt. Davon mal abgesehen, ist der Roman für einige Lacher gut, hat aber auch auf tiefgehende, gefühlvolle Kapitel. Für einen Debütroman ist „Pandatage“ allemal gelungen.

Die Hörfassung liest Hendrik Duryn, der Schauspieler, den die meisten wohl aus der Serie „Der Lehrer“ kennen. Weiterlesen

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Chris McGeorge: Der Tunnel – Nur einer kommt zurück

Seit drei Jahren ist der Autor Robin Ferringham allein, da seine Frau Samantha über Nacht verschwand. Nun erhält er einen Anruf von einem völligen Fremden namens Matthew. Er habe mit Samantha telefoniert und die habe ihn angewiesen, nach Robin zu suchen und ihn um Hilfe zu bitten. Kann es sein, dass Matthew der letzte war, der mit Sam gesprochen hat? Robin ist irritiert, als er hört, dass Matthew des fünffachen Mordes angeklagt ist. In seinem Städtchen gibt es einen Bootstunnel namens Standedge-Tunnel, Englands längsten Kanaltunnel, den er mit seinen fünf Freunden befahren hat. Doch hinten kam nur noch der bewusstlose Matthew wieder raus, von den anderen fünf fehlte jede Spur. Auch Leichen gibt es keine. Was ist damals im Standedge-Tunnel passiert? Robins Neugier ist geweckt und ein wenig hofft er auch, das Rätsel um seine verschwundene Ehefrau lösen zu können.

Chris McGeorges Roman macht bis etwa dreiviertel der Seiten richtig Spaß. Man wird auch viele verschiedene Irrwege geleitet und bekommt immer wieder verdächtige Personen serviert, die möglicherweise am Verschwinden der fünf jungen Menschen beteiligt oder interessiert gewesen sein könnten. Gleichzeitig erhält man ein Gefühl davon, wie Pru, Tim, Rachel, Edmund und Robert getickt haben. Weiterlesen

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Gill Sims: Mami kann auch anders

Mittlerweile ist Ellen, die uns in „Mami braucht ’nen Drink“ und „Mami muss mal raus“ tagebuchartig die Erlebnisse einer Mutter zweier Kinder schilderte, 45 Jahre alt und ihre Kinder Teenager. Peter (13) frisst Ellen die Haare vom Kopf und hat einen unstillbaren Hunger, während sein Zimmer zwischen Mansize-Taschentüchern und Jungs-Mief kaum mehr betretbar ist. Jane (15) ist immer noch davon überzeugt, dass ihre Mutter ihr Leben zerstören will. Vielleicht verrät sie Ellen deshalb nichts von ihrem heimlichen Freund Harry? Und da ist ja auch noch Simon, Ellens Ehemann und das größte Problem in „Mami kann auch anders“. Denn Simon ist fremdgegangen und hat es Ellen auch noch gebeichtet. Nun braucht er Abstand und ist sich gar nicht mehr so sicher, ob er Ellen überhaupt noch liebt. Da macht die emanzipierte Mutter Nägel mit Köpfen, setzt Simon vor die Tür, kündigt die Wohnung und zieht mit den Kids aufs Land, um sich endlich ihren Traum von einer kleinen ländlichen Hütte zu erfüllen.

Die Vorgängerbände von Gill Sims habe ich grölend verschlungen und konnte manchmal vor Lachen kaum mehr atmen. Sie schreibt erfrischend, erfindet das Rad zwar nicht neu, hat aber ein Händchen für das Chaos in Ellens Leben. „Mami kann auch anders“ braucht allerdings in meinen Augen etwa die Hälfte der Seiten, um zumindest an dieses Niveau ranzureichen. Das mag daran liegen, dass mit Ellens anstehender Scheidung und der Frage, was dies mit den beiden Kindern macht, erstmals im Mittelpunkt des Geschehens sehr ernste Themen stehen. Weiterlesen

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Ulf Schiewe: Die Kinder von Nebra

Nebra, etwa 2000 v. Christus: Rana ist jung und hat das Leben noch vor sich. Doch sie muss sich auch entscheiden, für einen klassischen Weg einer Familiengründung oder das Dienen für die Göttin Destarte, wie ihre Mutter. Bei einem ihrer Streifzüge durch den Wald wird sie von mehreren jungen Männern überrascht und fast vergewaltigt. Als wenig später Arrak, der Sohn des Herrschenden Orkon und einer der besagten Männer, auf dem Hof ihrer Familie steht und ihre Herausgabe fordert, lügt ihre Mutter in der Not, dass Rana bereits geweiht sei und Arrak somit den Zorn der Götter auf sich ziehen würde. Ist Ranas Schicksal damit endgültig vorbestimmt? Viel lieber würde sie ihren Vater dabei beobachten, wie er die Himmelsscheibe herstellt. Die Scheibe muss Geheimnisse bürgen, von denen Rana noch nichts ahnt.

Ulf Schiewe, stets bekannt für faszinierende, auf den Punkt recherchierte historische Romane ohne Klischees, hat sich in „Die Kinder von Nebra“ einem sehr spannenden, in der Unterhaltungsliteratur bisher vernachlässigten Thema gewidmet. Die kleine Gemeinde Nebra liegt heute in Sachsen-Anhalt. Hier fand man Ende der 1990er Jahren die Himmelsscheibe, die etwa 4000 Jahre zurückdatiert wird. Schiewe begibt sich in „Die Kinder von Nebra“ auf die Spuren einer möglichen Entstehung der Scheibe. Weiterlesen

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Marina Neumeier: Aquarius: Herz über Kopf durch die Zeit

Rosalie ist eine Studentin wie jede andere, bis zu dem Moment, an dem sie auf einer Ausstellung ihres Professors ein Gemälde berührt, auf dem sie selbst abgebildet zu sein scheint. Die Berührung katapultiert die junge Frau direkt nach Florenz im Jahr 1480. Erst glaubt Rosalie an einen schlechten Scherz und ein Schauspiel, doch dann taucht der neue Austauschstudent Leopoldo immer wieder in ihrer Nähe auf und erzählt ihr schon bald von den Zeitreisenden, zu denen auch sie selbst gehören soll. Und schon ist Rosalie mit Leopoldo in einem Wettlauf gegen die Zeit gefangen, bei dem nicht weniger auf der Kippe steht als die Zukunft.

Marina Neumeier, Jahrgang 1995, gewann in diesem Jahr den Newtalent-Wettbewerb vom Piper Verlag. „Aquarius – Herz über Kopf durch die Zeit“ ist ihr Debütroman. Und diesem Roman merkt man sofort an, dass sie von seinem Setting sehr viel versteht. Denn Neumeier hat Kunstgeschichte studiert und ihren Roman mit allerhand Wissenswertem angereichert. Wer die Renaissance mag, wird auch diesen Roman mögen. Entfernt erinnert er an Kerstin Giers Zeitreisentrilogie, ist aber weniger „jugendlich“, sondern ernster und erwachsener. Weiterlesen

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Karolyn Ciseau: Ezlyn. Im Zeichen der Seherin

Die junge Ezlyn hat eine ganz besondere Gabe. Wenn sie einen Menschen länger berührt, sieht sie dessen Tod vor ihren Augen. Das ist natürlich eine wertvolle Information und so kaufen sich angesehene Männer eine Todesseherin, die immer wieder ihren Tod vorhersehen muss und dann dazu da ist, diesen zu verhindern. Denn kennt man beispielweise den Ort, an dem man zu Tode kommt, kann man diesen natürlich meiden und so auch dem Tod ein Schnippchen schlagen. Als Ezlyn fertig ausgebildet ist, gelangt sie so an den Hof von Malachi. Hier trifft sie auf Dorian, einen Schattenkrieger, der dazu ausgebildet wurde, Menschen umzubringen. Doch damit nicht genug: Auch Ezlyn wird er, das weiß sie, eines Tages umbringen!

Karolyn Ciseau, die 2018 das Finale des Kindle Storyteller Awards gewann, hat mit dem ersten Band von „Ezlyn“ eine spannende Kombination aus Figuren entworfen. Es steckt viel Zündstoff zwischen Malachi, Ezlyn und Dorian. Man stelle sich nur vor, man weiß ganz genau, wer einen umbringen wird. Weiterlesen

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Sina Beerwald: Die Strandvilla

Sylt, 1913: Als Moiken erfährt, dass ihr Mann nicht von der See zurückgekommen ist und seine Mutter zudem das Häuschen, in dem sie bisher mit ihm und ihrer Tochter Emma gelebt hat, verkaufen will, zieht es ihr den Boden unter den Füßen weg. Da hilft in ihren Augen nur eins: Emma und sie müssen nach Hamburg gehen und dort ihr Glück versuchen. Durch einen Zufall hilft sie am Abend zuvor dem renommierten Hotelier Theodor von Lengenfeldt, dem die Strandvilla auf der Insel gehört. Entgegen ihrer eigenen Pläne entwächst daraus eine längere Partnerschaft. Und Theodor hat nicht nur ein geschäftliches Interesse, sondern interessiert sich auch für Moiken als Person. Als dann ihre Jugendliebe Boy auftaucht, scheint das Chaos perfekt …

Sina Beerwald versteht ihr Handwerk, das merkt man schon nach wenigen Kapiteln. „Die Strandvilla“ ist eine tolle Mischung, die kaum einen Wunsch von LeserInnen des historischen Romans offenlässt. Im Mittelpunkt des Geschehens steht eine starke Frauenfigur – das ein oder andere Klischee ist nicht von der Hand zu weisen, aber sie halten sich dezent im Hintergrund. Weiterlesen

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Axel Simon: Eisenblut, gelesen von David Nathan

Berlin-Kreuzberg, 1888: Gabriel Landow hält sich mit kleineren Ermittlungen mehr schlecht als recht über Wasser. Doch dann macht er den ganz großen Fang, als er Ermittlungen zu einem geheimen Marineprojekt aufnehmen soll. Warum man dabei an ihn gedacht hat, ist Lando schleierhaft. Aber umso besser, füllen sich vielleicht so endlich mal die Kassen. Dass die Ermittlungen allerdings gefährlicher sind als gedacht, hätte Lando zunächst nicht vermutet …

Mehr als einmal dachte ich beim Hören, dass die Geschichte den erfolgreichen Romanen von Niklas Natt och Dag („1793“ und „1794“) nachempfunden sein sollte. Immer wieder werden eklig anmutende Sachverhalte beschrieben und eine derbe Sprache in Szene gesetzt. Leider wirkt das bei Axel Simon nicht so gut wie bei dem erfolgreichen schwedischen Autor. Es ist eher ein gewollt wirkendes Bild, das sich zeigt. Sieht man über diese Stellen hinaus, hat der Roman aber durchaus Potenzial. Weiterlesen

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Christine Brand: Milla Nova 02: Die Patientin

Vier Jahre sind vergangen, seit der Blinde Nathaniel die ihm unbekannte Carole über eine App bei einer Kleiderauswahl um Hilfe bat. Daraus entstand schnell ein Abenteuer, denn Nathaniel glaubte, über das Telefon Zeuge eines Unglücks geworden zu sein. Carole Stein liegt seit den Ereignissen vor vier Jahren im Koma. Ihr Sohn Silas hat seine Mutter noch niemals gesprochen, obwohl er bereits vier Jahre alt ist. Nathaniel besucht einmal im Monat gemeinsam mit seinem Patensohn Carole im Krankenhaus. Doch diesmal ist alles anders. Carole ist nicht mehr da! Warum, das kann die Pflegerin auch erstmal nicht erklären. Später folgt telefonisch die Entschuldigung, dass die Frau verstorben sei. Wo sie allerdings beerdigt ist, kann Nathaniel niemand sagen. Er bittet deshalb seine Bekannte Milla, eine Journalistin, um Hilfe.

Nach ihrem ersten „Fall“, „Blind“, gibt es einen neuen Roman zum ungewöhnlichen Duo der Journalistin Milla Nova und des Blinden Nathaniel Brenner. Eine separate Lektüre von „Die Patientin“ sei allerdings nicht empfohlen, da es mehr als nur einen leichten Bezug zum ersten Band gibt. Erneut ist die Figurenkonstellation großartig gewählt: Der Blinde Nathaniel hat seinen eigenen Zugang zur Welt, eine Blindenhündin, die zwar nicht perfekt ist, auf die er sich aber in der Not immer verlassen kann. Weiterlesen

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Elizabeth Macneal: The Doll Factory

London, 1850: Die junge Iris arbeitet an der Seite ihrer durch Pockennarben entstellten Zwillingsschwester Rose in einer kleinen Puppenmanufaktur. Heimlich träumt Iris allerdings davon, malen zu können. Ihr kleines Taschengeld investiert sie deshalb in Farben und statt zu schlafen, malt sie nachts. Als sie den Maler Louis Frost kennenlernt, der sie als Modell für sich gewinnen will, scheinen Iris‘ Träume plötzlich ganz nah. Was wäre, wenn Louis sich bereiterklärt, sie im Malen zu unterrichten? Hals über Kopf will Iris ihr bisheriges Leben aufgeben. Doch das stößt auf Ablehnung seitens ihrer Eltern und der Schwester. Ist Iris bereits, alles für ihren Traum zu opfern?

Diese kurze Inhaltsangabe des Romans gibt beileibe nicht alles preis, was „The Doll Factory“ kann. Iris schwebt schon bald in einer großen Gefahr, während im Hyde Park die Weltausstellung zum allerersten Mal tagt. Elizabeth Mcneal ist eine toller Romanmischung gelungen. Historische Elemente, damit verbunden auch der Klassiker einer starken Frau in einer von Männern dominierten Gesellschaft, eine spannende Nebenhandlung, die sehr schnell starke Auswirkungen auf die Haupthandlung hat, interessante Figuren … was will man mehr? Weiterlesen

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