Oyinkan Braithwaite: Meine Schwester, die Serienmörderin

„Ayoola ruft mich mit diesen Worten herbei: Korede, ich habe ihn umgebracht.
Ich hatte gehofft, diese Worte nie wieder zu hören.“

Mit diesen Sätzen beginnt die nigerianische Autorin Oyinkan Braithwaite ihren viel gelobten und prämierten Roman „Meine Schwester, die Serienmörderin.“

Und sie geht gleich weiter in die Vollen: Die Leserinnen und Leser begleiten Korede dabei, wie sie – sorgfältig und durchdacht – den Tatort reinigt und die Leiche entsorgt. Denn so ist Korede: zuverlässig und immer für ihre kleine Schwester da. Das war schon damals so, als der Vater noch gelebt hat. Er war unberechenbar. Nach außen hin geschätzt und beliebt, doch bei seinen Töchtern und seiner Frau hat er vor allem Angst und Schrecken verbreitet.

Es ist nicht der erste Mann, den Ayoola ermordet. Aber sie kann nichts dafür, behauptet sie jedenfalls. Manche ihrer Freunde und Verehrer werden einfach zu aufdringlich oder halten es nicht aus, zurückgewiesen zu werden. Kein Wunder, sie ist so schön, dass die meisten bei ihrem Anblick den Kopf verlieren. Das Messer ihres Vaters hat sie immer dabei – zu ihrem Schutz – und sie hat es tatsächlich schon einige Male gebraucht. Man weiß ja nie bei den Männern. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Anne Siegel: Wo die wilden Frauen wohnen: Islands starke Frauen und ihr Leben mit der Natur

Für Menschen, die die Natur lieben, ist Island ein Traumland: zerklüftete Felsen, eindrucksvolle Fjorde, heiße Quellen, das wilde Meer und eine – zumindest in den Sommermonaten – bunte Tier und Pflanzenwelt, dazu Ruhe und Einsamkeit. Dass in dieser oft unwirtlichen, aber gleichzeitig fortschrittlichen Gegend auch ganz besondere Menschen gedeihen, beschreibt die Autorin und Journalistin Anne Siegel in ihrem neuen Buch „Wo die wilden Frauen wohnen“. Anne Siegel kennt sich aus in dem Land, das nur knapp südlich des Polarkreises liegt. Über dreißig Mal hat sie es schon besucht und auch darüber geschrieben.

Nun porträtiert sie zehn isländische Frauen, die etwas Besonders leisten und doch ganz „normal“ sind. Diese Frauen sind „wild“, weil sie Isländerinnen sind und damit eine ganz besondere Beziehung zur Natur haben. Aber ihre Wildheit drückt sich auch darin aus, dass sie ihre eigenen Wege gehen, Widerstände überwinden oder Hindernisse zur Seite räumen, sich dabei treu bleiben und sich trotzdem weiterentwickeln. Sie denken die Dinge neu, wie die Gestalterin Katrín Ólína oder die weltbekannte Sängerin Björk mit ihrem individuellen Stil, der sich gemeinsam mit ihr über die Jahre wandelt.

Anne Siegel erzählt von der Frau, die die drittgrößte Brauerei in Island aus dem Nichts aufgebaut hat, obwohl sie gar kein Bier mochte, von einer Seefahrerin, Fischerin und Managerin einer Fischfabrik, die ihren Beruf so liebt, dass sie bei jeder Fahrt ihre Seekrankheit in Kauf nimmt und von einer Rangerin, die ihren Traum verwirklicht hat, in und mit der Natur zu leben, und dafür ihre Stelle als Verwaltungsleiterin an der Uni aufgegeben hat. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Claudia Neumann: Hat die überhaupt ne Erlaubnis, sich außerhalb der Küche aufzuhalten?

Oft war Claudia Neumann eine der ersten oder sogar die einzige Frau, wenn sie als Sportjournalistin beruflich etwas angepackt hat. Als Frau ein Fußballweltmeisterschaftsspiel der Männer live im Fernsehen zu kommentieren, ist auch heute noch eine absolute Ausnahme. Wenn Claudia Neumann diese Aufgabe übernimmt (und auch bei manch anderen Veranstaltungen, bei denen sie eingesetzt wird), ist der „Shitstorm“ beinahe vorprogrammiert. Um ihre eigene Persönlichkeit zu schützen, macht sie sich immer wieder klar, dass sie nur stellvertretend für die „Hetz- und Hexenjagd“ steht, die derzeit häufig im Gange ist. Sie ignoriert all die „Brutstätten wüster Beschimpfungen“ soweit sie kann, denn die Fußballkommentatoren sind (unabhängig vom Geschlecht) eine der beliebtesten Zielscheiben. Da ist es wohltuend, dass innerhalb der Reporter-Teams Solidarität und Zusammenhalt herrschen, die das teilweise wieder auffangen können.

Eine Opferrolle möchte sie keinesfalls annehmen. Sie ist keine, die sich in den Mittelpunkt stellt, doch sie bezieht deutlich Stellung zu dieser gesellschaftlichen Entwicklung, die durch das Internet erst möglich geworden ist, benennt, was aus ihrer Sicht schiefläuft und hat auch Ideen, wie dem entgegengesteuert werden könnte.

Ihre persönliche Geschichte hat auch ihre Haltung geprägt. In ihrem Buch berichtet sie von ihrer Kindheit auf dem Bolzplatz (Wolfgang Overath ist ihr Idol und Fallrückzieher ihre Spezialität), ihrem beruflichen Werdegang, von den Stolpersteinen und Erfolgen. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Rebecca Makkai: Die Optimisten

Nico ist tot. Gestorben an dem Virus, das die Gesellschaft viel zu lange ignoriert hat, weil es vor allem schwule Männer trifft, und das von einigen sogar zur Strafe Gottes erklärt wurde. Es ist 1985, Aids beginnt auch in Chicago zu grassieren. Die Eltern hatten Nico wegen seiner Homosexualität verstoßen, seine einzige Vertraute in der Familie war seine jüngere Schwester Fiona. Sie hat ihn, gemeinsam mit seinen Freunden aus „Boystown“, bis zu seinem Tod begleitet.

Auch Yale war Nicos Freund. Der junge Mann arbeitet in der Brigg Gallery und hat derzeit einen großen Fisch an der Angel. Nora Lerner, Nicos und Fionas Großtante, hat der Galerie eine Schenkung angekündigt: Werke berühmter (und weniger berühmter) Künstler vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, für die Nora in ihrer Zeit in Paris Modell gestanden hatte. Obwohl Yale um seinen Freund (und die, die ihm noch folgen) trauert und die Epidemie ihn aufwühlt, konzentriert er sich auf seine Arbeit. Er fühlt sich sicher, weil er mit seinem Partner Charlie schon seit Jahren monogam lebt.

Dreißig Jahre später fliegt Fiona nach Paris, um ihre Tochter Claire zu suchen, die schon vor einiger Zeit den Kontakt zu ihr fast vollständig abgebrochen hat. Fiona plagt das schlechte Gewissen. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Sofia Lundberg: Ein halbes Herz

Elin lebt mit ihrem Mann Sam in New York. Seit die gemeinsame Tochter Alice in ein Zimmer im College gezogen ist, leidet Sam verstärkt darunter, dass bei Elin der Beruf deutlich mehr als das halbe Leben einnimmt. Sie geht in ihrer Tätigkeit als Porträt-Fotografin auf und versteckt sich (und vor allem ihr Inneres, ihre Gefühle) hinter der Linse. So wahrt sie die Distanz zwischen sich und der Welt, die sie braucht, um einigermaßen stabil zu bleiben. Sie scheint nicht zu merken, dass ihre Beziehung zu Sam und Alice dicht am Zerbrechen ist. Selbst ein Essen mit den Schwiegereltern oder die Termine bei der Paartherapie verschwitzt sie oder lässt sie für einen dringenden Auftrag sausen.

Als sie von ihrem Jugendfreund Fredrik eine Karte aus ihrer Heimat Schweden bekommt, bricht ihre verdrängte Vergangenheit über sie herein. Lange hat es Elin geschafft, sich gegen die beängstigenden Erinnerungen zu wehren und sich ihren Verletzungen nicht zu stellen. Und auch jetzt kann sie oft einfach nicht aus ihrer Haut. Ihre Strategie gegen alles, wovor sie sich fürchtet, ist der Rückzug hinter die Kamera.

Doch langsam bricht ihr Panzer auf. Plötzlich erinnern sie Kleinigkeiten an ihre Kindheit, die sie in ärmlichen Verhältnissen auf Gotland verbracht hat, an ihren kriminellen Vater und die überforderte Mutter, aber auch an ihre Freundschaft mit Fredrik und der Ladenbesitzerin Gerd. Nicht einmal ihrer Familie hat sie davon erzählt. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Ilinca Florian: Das zarte Bellen langer Nächte

Hannah ist Ende 20, hat einen Master in Soziologie und weiß gerade nicht so richtig, was sie will. Einen passenden Job hat sie noch nicht gefunden und das Geld, das sie mit Einsätzen bei einer Zeitarbeitsfirma verdient, reicht gerade so zum Leben. Auch in der Beziehung mit ihrem Freund Moritz läuft es derzeit nicht ganz rund.

Moritz weiß, was er will, nämlich Musik machen und möglichst damit erfolgreich sein. Der Erfolg ist allerdings bisher ausgeblieben. Dennoch nimmt das Üben sehr viel Zeit in Anspruch. Der Großteil der Arbeit im gemeinsamen Haushalt bleibt daher an Hannah hängen. Moritz macht meist nur das, wozu er Lust hat.

So schlingert Hannah durchs Leben, manchmal auch wortwörtlich, wenn sie mal wieder Lust hatte, sich zu betrinken oder ihre Sorgen durch andere – verbotene – Mittel zu vergessen. In Berlin hat sie dazu reichlich Gelegenheit.

Als Moritz eines Tages mit Robby, einer Labrador-Schäferhund-Mischung nach Hause kommt, verliert Hannah sofort ihr Herz an den neuen Mitbewohner und als Moritz auf Tour geht, ist es für ihn selbstverständlich, dass sich Hannah um das Tier kümmert. Sie macht das zwar gerne, aber einfach ist es nicht, einen Hund mit Angst vor dem Alleinsein mit ihren wechselnden Jobs zu koordinieren. Doch sie hat Freunde, die sie unterstützen und als sie Luise kennenlernt, reift in Hannah ganz langsam eine Idee, wie sie ihr Leben gestalten könnte. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Aja Gabel: Das Ensemble

Vier junge Leute treffen sich Anfang der 1990er-Jahre am Konservatorium in San Francisco und beschließen, ein Kammermusik-Quartett zu gründen. Zunächst verbindet sie nur die Musik, die sie zusammen machen, denn ihre Herkunft, ihre persönliche Geschichte, ihre Ziele und ihr Talent könnten kaum unterschiedlicher sein.

Da ist zunächst Jana, die die erste Geige spielt und sich auch so benimmt. Sie gibt den Ton an und das Tempo vor. Ehrgeizig und zielorientiert verfolgt sie ihren großen Plan, berühmt und erfolgreich zu werden. Das Privatleben ist nicht von Bedeutung. Mit ihrer Mutter, einer erfolglosen Schauspielerin, die sich mit verschiedenen Jobs über Wasser hält, sich vor allem für sich selbst interessiert und gerne mal einen über den Durst trinkt, hat sie nur sporadisch Kontakt.

Ihr emotionaler Anker ist Henry, der Jüngste des Quartetts. In ihm sieht sie den Bruder, den sie nie hatte. Henry, der Bratschist des Ensembles, ist ein begnadetes Talent, der auch als Solist Karriere machen könnte. An Angeboten dafür fehlt es ihm nicht. Alles scheint ihm in den Schoß zu fallen. Selbst seine Familie ist ein Traum. Reich, liebevoll und immer da, wenn er sie braucht.

Vor allem Daniel, der Cellist, beneidet ihn darum. Seine Eltern sind verheiratet, kümmern sich aber weder umeinander noch um ihren Sohn. Sie haben nichts dagegen, wenn er erfolgreich ist, aber muss es unbedingt klassische Musik sein? Mit Geld können sie Daniel während des Studiums nicht zur Seite stehen, das muss er sich selbst beschaffen, aber seine Mutter betet wenigstens für ihn. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Frank Berzbach: Die Schönheit der Begegnung: 32 Variationen über die Liebe

Der Erzähler liebt Linh und Linh liebt ihn. Die beiden sind ein Paar. Doch wie haben sie sich eigentlich kennengelernt? Linh bittet ihren Lebensgefährten, es aufzuschreiben. Zunächst denkt er, dass es einfach ist, die Geschichte zu erzählen. Doch bald merkt er, dass immer etwas fehlt, dass er sich unsicher ist, dass er noch etwas ergänzen muss. Egal, ob es sich dabei um Fakten handelt oder nicht: Manches gehört einfach dazu und muss erwähnt werden. Denn das Kennenlernen ist nie abgeschlossen.

„Da die Geschichte, wie wir uns kennengelernt haben, die Geschichte ist, wie wir uns kennenlernen, eine unendliche Geschichte, kann sie nicht erzählt werden, sondern nur erfunden.“ (Kapitel 16)

Und so kommen „32 Variationen über die Liebe“ zustande. 32 Mal erzählt er die Geschichte der ersten Begegnung und wartet mit immer neuen Überraschungen auf, die auch vor Linh und dem Erzähler selbst nicht Halt machen.

Sie treffen sich in Hamburg, Köln oder New York, im Zug nach Paris oder in der Regionalbahn. Manchmal dauert es eine Weile, bis sie zueinander finden, manchmal trifft sie die Liebe wie ein Blitzschlag (oder ein Engel hat seine Hand im Spiel) und es kommt sogar vor, dass sie überhaupt nicht zusammenkommen. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Dorothée Albers: Nachhall einer kurzen Geschichte

Als die Musikstudentin Jet Mitte der 1950er Jahre schwanger wird, bleibt für sie nichts mehr, wie es war. Ohne dass sie die Möglichkeit hat, dem Vater des Kindes, ihrem heimlichen Freund und Mitstudenten Zev, etwas davon zu sagen, verfrachten ihre strenggläubigen Eltern sie in ein Kloster. Sie unterbinden jeglichen Kontakt zu Zev, der wenig später von seinen Eltern in die USA geschickt wird. Ein paar Monate später bringt Jet einen Jungen zur Welt, der sofort in eine Pflegefamilie gegeben wird.

Sie versucht zu verdrängen, was passiert ist, beendet ihr Studium, macht Karriere als klassische Pianistin und heiratet. Die Arbeit ist ihr Leben, ihr Mann Bram der ruhende Pol. Bis ein unverhofftes Ereignis, alles wieder an die Oberfläche holt.

Jurre wächst auf einem Bauernhof auf, doch oft fühlt er sich dort nicht zugehörig. Sein Vater versteht nicht, dass er sich lieber mit seinem Saxofon als mit der Landwirtschaft beschäftigt. Als Jurre ihm sagt, dass er seine Zukunft nicht auf dem Hof sieht, schickt er ihn weg.

In der Stadt muss sich Jurre alleine durchschlagen. Mit verschiedenen Jobs hält er sich über Wasser, um sein Ziel zu verfolgen, ein professioneller Musiker zu werden.

Zur Mutter hält Jurre den Kontakt aufrecht. Bei einem Besuch entdeckt er zufällig Papiere, die darauf hinweisen, dass er nicht ihr leiblicher Sohn ist. Aber will er seine wahren Eltern überhaupt finden? Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten:

Matthias A. K. Zimmermann: KRYONIUM. Die Experimente der Erinnerung

Es beginnt mit dem Gedanken an Flucht und den Fragen, die sich der (zunächst) namenlose Erzähler immer wieder stellt: Wo bin ich? Wie kam ich hierher? Warum bin ich hier? Und vor allem: Wer bin ich? (Seite 9).

Er ist gefangen in einem unübersichtlichen, labyrinthartigen Schloss, das auf einer Insel in einem See liegt und von einem Ungeheuer bedroht wird, das nur durch Licht in Schach gehalten werden kann. Um seine Zeit sinnvoll zu nutzen, arbeitet er – vor allem unterstützt von seinen Assistenten Aron und Nora – in der Lichtwerkstatt an der Entwicklung einer riesigen Glühbirne, die die Umgebung auch bei Nacht permanent erhellen soll.

Im Schloss herrscht eine strenge Hierarchie. Der König und die Ritter haben das Sagen, die Wachen und die Hofdamen führen ihre Befehle aus und geben sie an die gefangenen Arbeiter weiter. Das Ganze wirkt (obwohl es schon Elektrizität gibt) wie eine Welt aus einer fernen Zeit. Auch im angrenzenden Wald treiben sich von Einhörnern über sprechende Schneemänner bis zur bösen Hexe allerhand märchenhafte Gestalten herum. Und immer scheint es Winter zu sein.

Als dem Protagonisten ein Zauberstab in die Hände fällt und er von Aron einen Schlüssel erhält, der ihm unbekannte Gänge durch das Schloss öffnet, nimmt der Fluchtplan Gestalt an. Doch das Ziel bleibt unklar. Er schafft es zwar, dem Märchenschloss zu entkommen, landet jedoch in einer neuen Welt, die ihm noch unwirklicher erscheint. Was ist virtuell, was real? Und wie gelingt es ihm, sich zu erinnern? Die Reise geht weiter. Weiterlesen

Teilen Sie den Beitrag mit Ihren Freunden und Kontakten: