Steve Hockensmith: Weiße Magie – Vorsicht Stufe!

Tarotkarten und eine Kriminalgeschichte: Bei dieser gewagten Mixtur hätte einiges schief gehen können. Hat es aber nicht. Dafür sorgen eine wunderbar witzige Heldin, schräge Nebenfiguren und die Tarotkarten, die als amüsante „Sidekicks“ im Hintergrund fungieren, aber nicht handlungsrelevant in die Story eingreifen. Der zweite Roman der „Vorsicht Magie“-Reihe erinnert ein wenig an „Fargo“ – nur dass die Handlung im wesentlich hitzigeren Arizona angesiedelt ist.

Alanis, die vor vielen Jahren aus ihrer Trickbetrüger-Familie abgehauen ist, strandet in einem Kaff im staubigen Arizona. Hier hat sie von ihrer Mutter den Tarotladen „Weiße Magie – gut und günstig“ geerbt, der dazu diente, hilfesuchenden Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Obwohl Alanis von der Bedeutung des „Gehängten“ und „Hierophanten“ zunächst keinen blassen Schimmer hat, tritt sie das Erbe an. Denn sie hat nicht nur die Vormundschaft für ihre bis dato unbekannte 17-jährige Halbschwester übernommen. Sie möchte auch Wiedergutmachung an all den geprellten KundenInnen leisten. Ein nobles Vorhaben, das gehörig in die Hose geht. Fazit: Gute Taten sind gefährlich!

Alanis überzeugt Stammkundin Marsha davon, ihren Ehemann zu verlassen, der sie misshandelt. Wenig später wird dieser ermordert aufgefunden. Marsha wandert als Hauptverdächtige in den Knast, sogar Alanis gerät als potenzielle Mittäterin ins Visier der Polizei. Um ihrer Freundin zu helfen, stellt Alanis eigene Nachforschungen an. Unterstützung erhält sie zum einen von ihrer abgeklärten Halbschwester Clarice, die sich als sehr geschickt bei der Internet-Recherche erweist.  Zum anderen von zwei unverhofften Herzbuben – oder um in der Sprache des Tarots zu bleiben: Kelchbuben. Die haben allerdings ihre Marotten. Der optisch an George Clooney erinnernde Victor ist ein grundsolides Muttersöhnchen, der nicht minder attraktive Fletcher ist ebenso unzuverlässig wie kriminell.

Bald kommt Alanis einem Komplott auf die Spur, in welchem die Indianische Freiheitsfront, zwielichtige Bauherren und eine Ferienanlage für passionierte Golfer eine Rolle zu spielen scheinen. Zum Glück verzichtet der Roman darauf, die Tarotkarten als ausschlaggebende Wegweiser in den Plot zu integrieren. Alle Akteure bleiben autark in ihren Handlungen, die Lösung wird durch Kombinationsgeschick erarbeitet und nicht via Tarotdeck gelegt. Bei ihren Ermittlungen kommen Alanis dafür ihre Erfahrungen als ehemalige Junior-Trickbetrügerin zugute. Ohne mit der Wimper zu zucken, schlüpft sie in zahlreiche Rollen, um sich auf Picknickpartys einzuschleichen oder die Nachbarn auszufragen.

Köstliche Dialoge, liebevoll skizzierte Figuren und eine Heldin mit der richtig austarierten „hart, gewitzt, aber leicht schusselig“-Mischung machen den Roman zum puren Lesespaß. Nebenbei erfährt der Leser das eine oder andere über Tarotkarten, nicht alles ist ernst gemeint. Auch ohne den ersten Teil „Weiße Magie – mordsgünstig“ zu kennen, können sich Leser schnell im Geschehen zurechtfinden. Das Ende lässt auf eine weitere Fortsetzung der Reihe hoffen.

Steven Hockensmith: Weiße Magie – Vorsicht Stufe!.
dtv, Januar 2017.
352 Seiten, Taschenbuch, 9,95 Euro.

Diese Rezension wurde verfasst von Diana Wieser.

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